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US-Präsident George W. Bush kurz vor Abschluss des Amerika-Gipfels in Mar del Plata, offensichtlich bereits mehr ab- als anwesend.

Foto: EPA
Auf dem 4. "Summit of the Americans" haben die USA einmal mehr die Chance verpasst, eine neue und gesündere Beziehung zu ihren südamerikanischen Nachbarn herzustellen. Im Prinzip hat's zu nicht mehr gereicht als zum üblichen "Familienfoto".

Keines der zahlreichen Probleme, die die Länder Lateinamerikas den USA zunehmend entfremden, wurde gelöst oder auch nur einer Lösung näher gebracht – insbesondere, was die Schaffung einer Freihandelszone betrifft. Was umso enttäuschender ist, als man schon 1994 angekündigt hatte, die Freihandelsgespräche bis "spätestens 2005" abzuschließen.

Hauptursache für das Scheitern ist die Weigerung der Bush-Administration, den Agrarsektor für Länder wie Argentinien, Brasilien und Uruguay dem Wettbewerb zu öffnen. Es stimmt natürlich, dass die USA nicht gerade die schlimmsten Übeltäter in Sachen Agrar-Protektionismus sind. Die Handelsschranken der EU sind viel restriktiver.

Aber es stimmt auch, dass die USA, so sie ihr Verhältnis zu den Nachbarn im Süden ernsthaft verbessern wollen, mehr Handelszugeständnisse auf bilateraler Ebene machen müssen. Andernfalls könnte es passieren, dass viele dieser Nachbarn sich noch mehr gegen ausländische Konkurrenz abschotten als bisher.

Unglücklicherweise werden die US-lateinamerikanische Beziehungen aber nicht nur im Handelsbereich sondern auch durch eine Vielzahl politischer und sozialer Probleme belastet.

Noch ist es nicht zu spät

Nur wenige lateinamerikanische Staaten unterstützen den Irak-Krieg. Tatsächlich beteiligten sich nur eine Hand voll an der sog. "Koalition der Willigen", und mittlerweile hat nur mehr El Salvador Soldaten im Irak stationiert. Die meisten Regierungen Lateinamerikas stehen der US-Außenpolitik generell immer ablehnender gegenüber und sind daher auch immer weniger bereit, Beschlüsse in internationalen Gremien, einschließlich der UNO, mitzutragen.

Zudem driften immer mehr Staaten Südamerikas nach links und der militant antiamerikanistische Kurs des venezuelanischen Präsidenten Hugo Chavez wird auch in anderen Ländern der Region immer populärer. In weiten Teilen Südamerikas nimmt die Skepsis der Wähler gegenüber marktorientierter Politik und Globalisierung zu, was nach entsprechenden Regierungswechseln zur Folge haben könnte, dass die feindliche Haltung gegenüber Auslandsinvestitionen – insbesondere seitens der USA – in den kommenden Jahren wächst.

Noch aber ist es nicht zu spät für die USA, ihren diplomatischen und politischen Einfluss in Südamerika wieder zu erlangen. Um die Beziehungen substanziell zu verbessern, wären zumindest drei Zugeständnisse notwendig: Abbau des Agrarprotektionismus; eine Reform der Immigrationspolitik, die den Latinos mehr Rechte zugesteht; und die Bereitschaft der USA, die Forderung der lateinamerikanischen Länder nach mehr Mitsprache in internationalen Finanzgremien wie Weltbank und Währungsfonds zu unterstützen.

Solche Initiativen würden den politischen Eliten Südamerikas signalisieren, dass Bush und die Vereinigten Staaten – wiewohl der abgelaufene Gipfel den gegenteiligen Eindruck vermittelte – die Region noch nicht völlig abgeschrieben haben. (www.project-syndicate.org.;Übersetzung: mj/DER STANDARD, Printausgabe, 7.11.2005)