Wien - Seit Mitte 2004 gilt in Österreich das Gleichbehandlungsgesetz zur Umsetzung zweier Antidiskriminierungs-Richtlinien der EU. Der Wiener Arbeitsrechtler Robert Rebhahn kommt nun in einem neuen Gesetzeskommentar zur Auffassung, dass ausgerechnet durch die wortgenaue Übernahme der EU-Richtlinien in österreichisches Recht die europäischen Vorgaben im Bereich der positiven Diskriminierung hier zu Lande nicht anwendbar sind.

Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet verschiedene Formen der Diskriminierung in zwei Bereichen: Am weitesten gefasst sind die Diskriminierungsverbote im Arbeitsleben, wo Benachteiligungen auf Grund des Geschlechtes, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion sowie auf Grund von Weltanschauung, Alter und sexueller Orientierung verboten sind. Weniger weit reichend das Diskriminierungsverbot im sonstigen öffentlichen Leben (also etwa bei der Wohnungssuche oder im Bildungsbereich): Hier wird lediglich die rassistische Diskriminierung untersagt.

"Positive Diskriminierung"

Theoretisch erlaubt wäre laut EU-Richtlinie freilich die so genannte "positive Diskriminierung" am Arbeitsplatz - also etwa beispielsweise die systematische Bevorzugung von Frauen durch einen Arbeitgeber, bis eine bestimmte Quote erreicht wird (was einer Durchbrechung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in diesem Bereich gleichkommt). Gerade diese positiven Maßnahmen wurden laut Rebhahn aber ausgerechnet dadurch verunmöglicht, dass der entsprechende Wortlaut der EU-Richtilinie einfach übernommen wurde.

Nationale Gesetzgeber

Denn die EU-Richtlinie regelt nur, dass die einzelnen Mitgliedstaaten bestimmte Positiv-Maßnahmen beschließen können, überlässt die Benennung konkreter Maßnahmen aber den nationalen Gesetzgebern. Genau darauf hat man im österreichischen Gesetz jedoch verzichtet und überlässt die Entscheidung über konkrete Positiv-Maßnahmen praktisch den Arbeitgebern. Hier liegt aus Rebhahns Sicht das Problem: Er verweist darauf, dass die Gleichbehandlung von Mann und Frau ein "fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechtes" sei und daher nicht in das Belieben der einzelnen Arbeitgeber gestellt werden könne. Den Paragrafen des Gleichbehandlungsgesetzes über die positive Diskriminierung hält er daher für EU-rechtswidrig. (APA)