Die Staatsanwaltschaft Wien nimmt sich der Causa Refco/ Bawag P.S.K. an. Während die sechs Vorortprüfer der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Nationalbank ihre Untersuchungen rund um den 425 Millionen Euro schweren Kredit, den die Gewerkschaftsbank an das US-Brokerhaus Refco und dessen Gründer und Ex-Chef Phillip Bennett vergeben hat, schön langsam zu Ende bringen, ist diese Woche auch Staatsanwalt Ronald Schön aktiv geworden.

Er hat unter der Geschäftszahl 64 UT 6/05 a einen Akt angelegt; verdächtigt werden freilich keine bestimmten Personen, der Akt läuft unter "unbekannte Täter", wie das Kürzel UT in der Aktenzahl belegt. "Eine reine Routinesache, das ist noch kein behördliches Verfahren und kein Gerichtsverfahren", betont der Jurist im Gespräch mit dem STANDARD.

Fall für Jusitzministerin

Darüber hinaus hat Schön aber auch einen Vorhabensbericht an seine Oberbehörde geschickt: Darin stellt er die derzeitige Faktenlage dar und unterbreitet der Oberstaatswaltschaft seine Pläne zum weiteren Vorgehen.

Dieser Bericht wird demnächst bei Justizministerin Karin Gastinger landen: Die Oberstaatsanwaltschaft berichtet ihrerseits an das Justizministerium, das dem Vorhaben der Staatsanwälte dann seinen Segen gibt - oder eben nicht. "Auch die Erstellung des Vorhabensberichts ist völlig normal, in schwierigen Causen ist das immer so", erklärt Schön die Involvierung des Ministeriums.

Tatsächlich sind laut Paragraf 8 Staatsanwaltschaftsgesetz jene Causen berichtspflichtig, "die von besonderem öffentlichen Interesse sind". Dass dieses Kriterium auf den Riesenkredit, den Bawag-Chef Johann Zwettler mit zwei seiner Vorstandskollegen gleichsam über Nacht vergeben hat und der im Rahmen der Refco-Pleite auch in den USA thematisiert wird, bejahen Wiener Juristen. Allein die heftige Berichterstattung in den Medien belege solches "öffentliches Interesse".

Politisches Interesse

Ganz zu schweigen vom politischen Interesse, das der Refco-Kredit, der just in der Woche vor den Wiener Wahlen ruchbar geworden ist, erregt hat. Vizekanzler Hubert Gorbach hatte ja mit dem Abzug der Staatskonten aus der Bawag P.S.K. gedroht, war dafür aber von Finanzminister Karl-Heinz Grasser in die Schranken gewiesen worden.

Grassers Ministerium machte trotzdem Dampf: Der Prüftrupp der eigentlich unabhängigen Finanzmarktaufsicht FMA musste früher als geplant in der Bawag-Zentrale aufmarschieren.

Am Ergebnis des Prüfberichts hängt auch das weitere Vorgehen der Justiz. Wie aus dem Landesgericht zu hören ist, soll die Staatsanwaltschaft vorschlagen, den Bericht der Finanzmarktaufseher abzuwarten und erst dann über die Einleitung etwaiger Ermittlungen zu entscheiden.

Bis dahin wird es noch zehn Tage dauern. Erstellt wird der Bericht von den Notenbankern, die FMA entscheidet auf seiner Basis über ihre aufsichtsrechtlichen Maßnahmen. Und die können bis zur Amtsenthebung reichen. (Renate Graber, DER STANDARD Printausgabe 05.11.2005)