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Der EU-Frühjahrsgipfel im März werde sich vor allem Fragen von Wirtschaft und Beschäftigung widmen, kündigte Österreichs Kanzler Wolfgang Schüssel an.

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Zürich/Wien - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) hat sich für die österreichische EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 die "konkrete Umsetzung" von Programmen im Bereich Landwirtschaft, Außenpolitik und Finanzen zum Ziel gesteckt. Die Prioritätensetzung werde vor allem davon abhängen, ob der britische Ratsvorsitz den Konflikt um das EU-Budget 2007-2013 werde lösen können oder nicht, sagte Schüssel der "Neuen Zürcher Zeitung" (Freitag-Ausgabe).

Finanzplanung "Hauptthema"

"Im Falle eines britischen Scheiterns wird die Finanzplanung auch das Hauptthema für die ersten zwei, drei Monate der österreichischen Präsidentschaft sein", strebt Schüssel eine rasche Lösung des Budgetstreits an. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass London einen "konsensfähigen Vorschlag" machen werde. Ein erster Anlauf zum Beschluss der Finanzplanung war im Juni an den unversöhnlichen Positionen Großbritanniens und Frankreichs gescheitert. Die Briten wollten auf ihren milliardenschweren Beitragsrabatt nur verzichten, wenn bei den Agrarausgaben gekürzt wird. Deren Hauptnutznießer Frankreich hatte sich dieser Forderung vehement widersetzt. Im November will London nun einen eigenen Kompromissvorschlag vorlegen.

In der Frage der bei Referenden in Frankreich und den Niederlanden abgelehnten EU-Verfassung will der Kanzler ergründen, "wo man Änderungen an der Substanz machen kann, um die Verfassung dann in einer späteren Phase vielleicht wieder zum Leben zu erwecken". Eine Bewertung dieser Zukunftsdiskussion solle im Juni stattfinden.

Frühjahrsgipfel zu Wirtschaft und Beschäftigung

Beim Frühjahrsgipfel im März werde sich Österreich vor allem Fragen von Wirtschaft und Beschäftigung widmen. "Bisher haben die Taten gefehlt", sagte der Kanzler dazu. Daher werde der österreichische Ratsvorsitz auf eine Aufstockung der Forschungsausgaben sowie Programme zur Beseitigung der Jugend-Arbeitslosigkeit durch ein Anreizmodell zur Lehrlingsbeschäftigung drängen.

"Flexibel" zeigte sich Schüssel beim Euro-Stabilitätspakt. Es wäre nämlich "unsinnig, etwa die Deutschen, die riesige Schwierigkeiten haben, jetzt zu sehr unter Druck zu setzen". Eine Verringerung der Defizite werde durch Ausgabenkürzungen allein nicht zu erreichen sein. "Dazu brauchen wir in einer Linie Wachstumsimpulse."

Zur Frage der im Zuge der Welthandelsliberalisierung in Frage gestellten EU-Agrarsubventionen sagte Schüssel, die Autarkie Europas in der Landwirtschaft sei "enorm wichtig". "Wir müssen insgesamt autark sein und dürfen nicht in eine Entwicklung wie bei der Energie hineinrutschen, wo wir am Ende 90 Prozent importieren und nicht mehr selber in der Lage sind, unsere Bedürfnisse zu decken". Dies bedeute aber nicht, dass die Bauern der Notwendigkeit zum Wandel enthoben werden. Zur Energiefrage (Förderung erneuerbarer Energien) sowie Forschung werde die EU-Kommission unter österreichischem Vorsitz Vorschläge unterbreiten, ebenso wie zu den Themen illegale Migration und Kampf gegen organisiertes Verbrechen, demographische Entwicklung sowie Institutionen der Außenpolitik.

"Sind genauso ein Hort der Stabilität"

Auf die Frage, ob die österreichische Regierung die Ratspräsidentschaft überhaupt wahrnehmen wird können, erklärte Schüssel: "Wieso nicht? Ich anerkenne, dass die Schweiz wie immer ein absoluter Hort der Stabilität ist - aber so sind auch wir. Ich bekomme immer wieder die gleiche Frage gestellt, ob meine Regierung durchhält und wie lange es sie noch gibt. Dabei haben wir jede Abstimmung im Parlament gewonnen und ein sehr ambitiöses Reformprogramm durchgezogen. Die EU-Präsidentschaft ist für uns ein gemeinsames Projekt, bei dem jeder Minister seine Rolle hat." (APA)