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Wilhelm Haberzettl sieht "hunderte Versetzungen pro Monat, die gut funktionieren".

Foto: APA/Artinger
Wien - Eisenbahner-Gewerkschaftschef Wilhelm Haberzettl schlug am Freitag im Ö1-"Morgenjournal" harte Töne an. Schwer unter Beschuss gerieten dabei insbesondere Verkehrsminister Hubert Gorbach (BZÖ) und ÖBB-Vorstandschef Martin Huber.

Der Vizekanzler wisse nicht, wovon er spreche, wenn er öffentlich fordere, dass 10.000 Arbeitsplätze bei der ÖBB vernichtet gehören, so Haberzettl. Gorbach habe außerdem in Dienstrechtsfragen inhaltlich keine Ahnung. "Es wäre besser, Gorbach würde den Mund halten", so Haberzettl im ORF-Radio.

"Saustall"

Dem Vorstandschef warf Haberzettl vor, es gebe bei den ÖBB weder eine Personalplanung, noch eine Ausbildungsplanung oder Ausbildungsvorsorge. Es herrsche vielmehr ein "Saustall", so Haberzettl, an der Personalmisere sei das ÖBB-Management mit Schuld. Manager würden immer dann nach dem Gesetzgeber schreien, wenn sie selbst nicht weiterwissen. Huber habe die "Erwartungen im Personalsektor" noch nicht erfüllt, so der Gewerkschaftschef.

Bezüglich gegen die ÖBB eingebrachter Klagen, von denen in den letzten Tagen vermehrt die Rede sei, operiere man mit Unwahrheiten, so Haberzettl weiter. Die Dienstrechtsreform werde durch Klagen, mit denen Versetzungen angefechtet werden, nicht beeinträchtigt, es gebe im dienstrechtlichen Bereich insgesamt auch lediglich drei Klagen, welche dem Thema Versetzung zuordenbar seien. Bei diesen sei es aber um die Zuerkennung eines Sozialplanes und des Berufsschutzes gegangen und diese seien inzwischen beendet, so Haberzettl. Zwanzig anhängige Klagen hätten zwar mit dem Thema Versetzung zu tun, hier gehe es jedoch um die Einkommenssicherung.

"Flexibilisierung wird gelebt"

Seit der Dienstrechtsreform gebe es aber auch im gesamten Konzern hunderte Versetzungen pro Monat, die gut funktionieren, so Haberzettl weiter. Zudem gebe es auch nach außen hin durchgeführte Verleasungen, aber das geschehe auf Ebene der geltenden Gesetze der Republik Österreich. Flexibilisierung sei also durchaus möglich und werde gelebt, so Haberzettl.

Huber weist Kritik zurück

ÖBB-Chef Huber forderte in einer Reaktion auf Haberzettls Aussagen die "dringende Rückkehr zur Sachlichkeit". Das Thema sei "zu wichtig, um auf Basis von Gerüchten, Halbwahrheiten und Emotionen einen Dialog zu führen, der jegliche Sachlichkeit vermissen lässt", so der ÖBB-Chef in einer Aussendung.

Haberzettls Äußerungen betreffend Personalmanagement im ÖBB-Konzern und Inkompetenz des Managements wies Huber entschieden zurück. "Nur weil das Management das Handeln an sich gezogen hat und nicht mehr der Gewerkschaft überlässt, heißt es nicht, das nichts passiert." Huber verwies weiters darauf, dass sich die Gewerkschaft bei vielen Betriebsvereinbarungen "äußerst destruktiv" verhalte. "Während wir an einer Personalrestrukturierung arbeiten, die uns wettbewerbsfähiger macht, näher zum Kunden bringt und uns stärker am Markt orientiert, übt sich die Gewerkschaft als Bremser bei Reform und Restrukturierung. Wir wollen den richtigen Mitarbeiter am richtigen Platz einsetzen, die Gewerkschaft blockiert. Das muss sich ändern", so Huber.

Der ÖBB-Chef erneuerte seine Forderung, geeignete Instrumente für eine erfolgreiche Personalrestrukturierung zur Verfügung gestellt zu bekommen, sollte das derzeit geltende Frühpensionierungsrecht eingeschränkt oder aufgehoben werden. "Der Gesetzgeber muss für Rahmenbedingen sorgen, die ein privatwirtschaftliches und flexibles Handeln des Managements ermöglichen, sonst kann er sich ein solches auch nicht erwarten", so Huber. "Über geeignete Instrumente sollten wir uns aber in vernünftigen Gesprächen unterhalten."

Gorbach: "Niveaulose, kontraproduktive Diskussion"

Vizekanzler Gorbach sprach am Freitag von einer "niveaulosen und kontraproduktiven" Diskussion. "Ich bedaure den untergriffigen Ton und Stil, mit dem seitens Herrn Haberzettls die Diskussion über eines der größten österreichischen Unternehmen geführt wird." Der Vizekanzler wolle daher der Gewerkschaft, namentlich Haberzettl und ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch "in aller Güte, aber mit Nachdruck vorschlagen, wieder zum normalen Gesprächston zurückzukehren und sich mit uns an einen Tisch zu setzen, um gemeinsam an der Modernisierung des Unternehmens, an tragbaren wirtschaftlichen Lösungen und der Sicherung von Arbeitsplätzen zu arbeiten, anstatt - wie bei den letzten Wortmeldungen - öffentlich die Unwahrheit zu sagen und Gesprächsverweigerung zu betreiben", so Gorbach in einer Aussendung.

Die personellen Reformen der nächsten Jahre würden sich an sozialen Gesichtspunkt orientieren, mittels Flexibilisierung und Umschulung wäre es möglich, den Arbeitnehmern neue und alternative Beschäftigungsmöglichkeiten zu eröffnen, so der Verkehrsminister. "Nur, eine allgemeine Verunsicherung wird dabei sicher nicht hilfreich sein."

Die Vorwürfe der "Vertragsbrüchigkeit" seitens der Gewerkschaft seien "schlichtweg falsch und schon gar nicht im Sinne der Interessen der Arbeitnehmer". Die Regierung habe ihren Teil der Abmachung "auf Punkt und Beistrich eingehalten", so der Verkehrsminister. "Wenn aber die Gewerkschaft in der Folge - entgegen der Abmachung - nicht taugliche, nicht gesetzmäßige oder nicht praktikable Vorschläge liefert, darf sie sich nicht beklagen, wenn der Reformbedarf bestehen bleibt und die Regierung - wie damals von allen Beteiligten beschlossen - weiter auf die Umsetzung notwendiger Schritte drängt und selbst aktiv wird. Und das machen wir jetzt", erklärte Gorbach abschließend.

Kukacka: "Fürchten uns nicht vor Streiks"

ÖVP-Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka (ÖVP) erklärte am Freitag: "Wir fürchten uns nicht vor Streiks." Die "Kriegsrhetorik" der Gewerkschaft sei völlig unnötig. Würde die Gewerkschaft den Gesetzesentwurf kennen, wäre sie auch zu Gesprächen bereit, sagte der Verkehrsstaatssekretär.

FCG-Klein: "Eisenbahnerverfolgung sofort einstellen"

Schützenhilfe für Haberzettl kam am Freitag allerdings vom Bundesvorsitzenden der VP-nahen Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG), ÖGB-Vizepräsident Karl Klein. Dieser forderte die Regierung auf, die unwürdige und unnötige "Eisenbahnerverfolgung" sofort einzustellen, "bevor die Angelegenheit so eskaliert, dass nicht gut zu machender Schaden entsteht". Es gebe keinen Grund für eine Dienstrechtsänderung mit dem Charakter einer weiteren Aufweichung des Kündigungsschutzes der Eisenbahner; das neue Dienstrecht mit Versetzungs- und Flexibilisierungsmöglichkeiten sei "ausreichend und von allen Akteuren auch so gesehen und unterfertigt worden", so Klein in einer Aussendung.

Eine "Drohgebärde mit Kündigung" per Gesetz sei "menschenunwürdig", es gebe auch "keinen aktuellen Anlass für eine derart fragwürdige Vorgangsweise", kritisiert Klein. Der "sowieso aufgeweichte" Kündigungsschutz der Eisenbahner sei insgesamt sinnvoll, weil die ÖBB ein staatliches Monopolunternehmen seien, bei dem ein Wechsel in andere Berufe nur bedingt möglich sei. (red)