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Einmal Volltanken und Scheibenwaschen: Im Kampf gegen riesige Verluste durch steigende Kerosinpreise helfen auch saubere Flieger - durch geringeren Luftwiderstand.

Foto: APA/Martin Ruetschi
Genf/Wien - 62 Mrd. US-Dollar betrugen die Kerosinkosten nach Angaben des Airlineverbandes IATA im vergangenen Jahr. Heuer sollen diese auf mindestens 83 Mrd. Dollar ansteigen. Logisch, dass Fluglinien versuchen, in allen nur erdenklichen Bereichen einzusparen: nicht nur mit Treibstoff sparenden Triebwerken oder "Tanktourismus", durch bevorzugtes Auftanken auf jenen Airports, wo der Sprit noch günstiger ist.

Es werden auch Maßnahmen gesetzt, welche auf den ersten Blick absurd anmuten, sich aber, übers Jahr und pro Flugzeug gerechnet, wohl auszahlen. Etwa die Reduzierung des Abfluggewichtes: Das beginnt beim Aussortieren von Magazinen und Tageszeitungen an Bord bis zur Reduzierung von Kochöfen und Trolleys oder übermäßiges Duty-Free-Angebot. Teppiche und Sitze in der Kabine werden durch solche aus leichteren Materialien ersetzt.

Sinnfrage

Ob alle diese Diätideen Sinn haben, ist fraglich. So hat eine Fluglinie aus Südkorea das Wasser an Bord auf Mittelstrecken reduziert - errechnete Einsparung: 15,33 Dollar pro Flug von Seoul nach Peking.

Etwas mehr spart dieselbe Airline durch die kürzeren Rollzeiten am Flughafen Tokio-Narita mit der Nutzung näher zur Startbahn gelegener Flugsteige. Monatliche Ersparnis: 4200 US-Dollar. Nicht unerheblich ist auch die Außenreinigung von Flugzeugen. Ein sauberer Rumpf verursacht weniger Luftwiderstand.

Andere Fluglinien lassen ihre Jets etwas langsamer fliegen, etwa United Airlines. Eine um 0,1 Mach (Schallgeschwindigkeit) reduzierte Reisegeschwindigkeit ergibt 5,5 US-Cents Ersparnis pro Meile. Auf den ersten Blick nicht viel - doch bei einer Flottenleistung von 4,5 Millionen Meilen pro Monat sind es drei Millionen Dollar jährlich.

Minutenreiberei

Die wohl massivsten Einsparungspotenziale sind aber in einer Optimierung von Luftverkehrsstraßen zu finden. Im Jahr 2004 konnten durch neue und effizientere Flugrouten, etwa die Öffnung für den zivilen Flugverkehr gesperrter Zonen über China oder Russland, die Betriebskosten um 1,1 Mrd. US-Dollar reduziert werden.

Der Aktionsplan der IATA hat für 2005 weitere 35 Streckenverbesserungen angepeilt. Denn wenn zum Beispiel eine Flugroute um zehn Meilen aufgrund eines direkteren Kurses gekürzt werden kann und eine Airline diesen Sektor zehnmal am Tag über das Jahr fliegt, spart sie bis zu vier Millionen US-Dollar pro Flugzeug.

Ein Airbus A340, der hingegen wegen Luftraumüberlastung 4000 Fuß unter seiner optimalen Flughöhe fliegen muss, benötigt 400 Kilo Kerosin pro Stunde zusätzlich, was einem Mehraufwand von ungefähr 176 Dollar entspricht.

Umweltentlastung

Auch für die Umwelt sind derartige Verbesserungen entlastend. Weltweit werden 30 bis 40 Millionen Flüge pro Jahr abgewickelt. 27 Millionen davon sind Linienflüge. Diese erzeugen ungefähr 100 Dollar Betriebskosten pro Minute, basierend auf der Flugzeuggröße einer Boeing 737 oder eines Airbus A320. Wenn nur ein Prozent dieser insgesamt 400 Mrd. Dollar umfassenden Kosten eingespart werden kann, dann ergibt das enorme vier Mrd. Dollar.

Ökologisch betrachtet reduziert ein Kilo weniger Treibstoffverbrauch die Emissionen um vier Kilogramm, hat die IATA errechnet. Wie wichtig Effizienz bei der Koordinierung von Flügen ist, erläuterte kürzlich Lufthansa Chef Wolfgang Mayrhuber. "Wir verschwenden täglich elf Flüge von Frankfurt nach New York nur für Warteschleifen über den deutschen Flughäfen."

2003 und 2004 hat die Luftfahrtindustrie allein in Europa einen finanziellen Schaden von rund 1,6 Mrd. Euro durch Verspätungen wegen Luftverkehrsüberlastung erlitten. (Kurt Hofmann, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 02.11.2005)