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Der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck soll Müntefering als SPD-Chef nachfolgen, sein Kollege aus Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, soll Parteivize werden.

Foto: dpa/ Marcel Mettelsiefen/Jan Woitas
Berlin - Zwei Tage nach dem angekündigten Rücktritt von Parteichef Franz Müntefering hat die Spitze der deutschen Sozialdemokraten über ihre künftige personelle Neuordnung entschieden und eine deutliche Verjüngung eingeleitet. Der Parteivorstand nominierte am Mittwochabend in Berlin einstimmig den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (51) offiziell als Nachfolger Münteferings.

Platzek präsentierte am Mittwochabend vor Präsidium und Vorstand der SPD eine neue Führung. Der designierte Finanzminister Peer Steinbrück, Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann und Frauenchefin Elke Ferner sollen stellvertretende Parteichefs werden, Ute Vogt und Kurt Beck sollen in dieser Funktion bleiben. Die Linke Andrea Nahles, die mit ihrer Kandidatur als Generalsekretärin den Rückzug von Franz Müntefering als SPD-Chef ausgelöst hatte, zog ihre Kandidatur als SPD-Vizechefin zurück. Als Generalsekretär schlug Platzeck den 33-jährigen Abgeordneten Hubertus Heil vor. Der Bundestagsabgeordnete aus Niedersachsen, der an diesem Donnerstag 33 Jahre alt wird, gehört zu den Netzwerkern, einem Zusammenschluss jüngerer SPD-Politiker.

Nahles zieht sich zurück

Nahles lehnte nach massiver Kritik in der Sitzung eine Kandidatur für das Vize-Amt ab. Die 35-Jährige erklärte laut Teilnehmerangaben, auch sie mache sich Gedanken darüber, ob sie eine Mitschuld am Rückzug Münteferings trage. Sie wollte sich aber nicht dafür entschuldigen, dass sie am Montag in einer Kampfkandidatur gegen Münteferings Vertrauten Kajo Wasserhövel angetreten sei. Dies sei ein "normaler demokratischer Vorgang" gewesen, sagte sie. Platzeck meinte, er habe Respekt vor diesem Schritt. Nach einer Sitzungsunterbrechung wurde die Vorsitzende der SPD-Frauen, Elke Ferner, anstelle von Nahles für den Stellvertreter-Platz nominiert, den die Parteilinke Heidemarie Wieczorek-Zeul durch ihren Rückzug freigemacht hat.

Beck wird erster Stellvertreter

Parteivize bleiben sollen der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck, der in dieser Funktion künftig eine herausgehobene Stellung als 1. Stellvertreter einnehmen wird, sowie die baden-württembergische Landesvorsitzende Ute Vogt. Laut Platzeck wurden diese Vorschläge einstimmig akzeptiert. Gewählt wird die neue Spitze auf dem Karlsruher Bundesparteitag am 15. November.

Müntefering bleibt Verhandlungsleiter

Müntefering und Platzeck sprachen von einer "ehrlichen, selbstkritischen" Aussprache im Vorstand, bei der "mit nichts hinter dem Berg" gehalten worden sei. Platzeck unterstrich, dass Müntefering auch weiter die Koalitionsverhandlungen mit der Union leiten werde.

Wieczorek-Zeul, Clement und Thierse kandidieren nicht mehr

In Karlsruhe nicht erneut für ein Stellvertreter-Amt kandidieren werden neben Wieczorek-Zeul der ausscheidende deutsche Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse.

Breite Zustimmung zu Platzek

Platzecks Kandidatur für den SPD-Vorsitz hatte vor den Sitzungen eine Welle der Sympathie ausgelöst. Zahlreiche SPD-Politiker und Landesverbände stellten Platzecks Fähigkeiten als Integrationsfigur heraus und würdigten ihn als einen offenen und herzlichen Menschen, der auch die Probleme im Osten kenne. Mit dem 51-Jährigen gebe es einen Generationswechsel. Auch Unionspolitiker begrüßten die Entscheidung der SPD für Platzeck, der Regierungschef der Großen Koalition in Brandenburg bleiben will.

Platzeck bezeichnete es am Vormittag als Ehre, sich um das Amt des Parteichefs bewerben zu dürfen. Der amtierende deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte gegenüber der "Sächsischen Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe): "Das ist eine gute Entscheidung." Er bedaure Münteferings Rückzug. Platzecks Kandidatur sei aber inhaltlich und personell zukunftsweisend. Beck sagte, eine der Aufgaben Platzecks werde es sein, die Partei stärker in Entscheidungsprozesse einzubeziehen und offener zu kommunizieren. (APA/dpa/red)