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Foto: APA/dpa/ Nietfeld
Besser das Amt eines bayerischen Ministerpräsidenten im Sack als einen "Superwirtschaftsministerposten" einer inzwischen mehr als unsicheren großen Koalition in Berlin in Aussicht: Das mag das erste, ganz persönliche Motiv von Edmund Stoiber gewesen sein, seine geplante Übersiedlung von München in die Hauptstadt abzublasen. Sein zweites: jetzt einmal abwarten, strategischer Rückzug - vorerst.

Gar so überraschend erfolgte der Schritt des CSU-Chefs offenbar nicht. Darauf deutet hin, wie blitzartig er reagiert hat. Die Nachricht von der Selbstenthauptung der SPD war noch keine Stunde alt, da ließ der Ober-Bayer schon streuen, dass das "gewisse Auswirkungen" haben werde, weil mit dem Rückzug von SPD-Chef Franz Müntefering ein "Eckpfeiler" der angepeilten Regierung verändert werde. Der Paukenschlag bei den Sozialdemokraten kam für "den Edmund" wie ein Geschenk des Himmels, um ohne Gesichtsverlust abspringen zu können.

Seit den Wahlen Mitte September hatte Stoiber - stets ein Polterer und Zauderer gleichermaßen - viel gefordert, aber wenig bekommen. Die Forschungskompetenzen, die er an sein Wirtschaftsressort binden wollte, mochte ihm die designierte CDU-Ministerin Annette Schavan nicht abtreten. Den Versuch, die Richtlinienkompetenz der designierten Bundeskanzlerin infrage zu stellen, ließ CDU-Chefin Angela Merkel kühl abtropfen. Den Nachfolgestreit in München zwischen Erwin Huber und Günther Beckstein bekam Stoiber nicht in den Griff. Und nun ist ihm auch noch "Münte", mit dem er sich allen ideologischen Gegensätzen zum Trotz gut versteht, abhanden gekommen.

Stoiber bleiben zwei Optionen: Wenn die CDU/CSU-SPD-Regierung dennoch kommt, wird er von München aus nach bayerischer Tradition kräftig "reinregieren". Oder es gibt nach dem SPD-Desaster am Ende Neuwahlen, die eine neue Ausgangslage schaffen. Stoiber wäre immer auf der sicheren Seite. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.11.2005)