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Brügges Clement (links) hatte es vor zwei Wochen in Wien lustiger als Rapids Hlinka. Das soll diesmal, finden die Rapidler, ganz anders, nämlich umgekehrt sein.

Foto:Reuters/Zolles
Sie sind ja nicht dumm, die Spieler von Rapid. Qualifiziert man sich für die Champions League, ist der Arbeitgeber kaum knausrig, der Fall tritt ja für einen österreichischen Fußballverein ungefähr so selten ein wie Tauwetter in der Antarktis. Also war ausgemacht, dass sich jeder Kicker zu einer der drei Auswärtspartien begleiten lassen darf. Rund 90 Prozent wählten Brügge und ihre Ehefrauen/ Freundinnen. Weil Turin eher hässlich und München zu nah ist. Zudem mögen rein sportliche Gründe den Ausschlag für das so genannte "Venedig des Nordens" (eines von mehreren, diesen Titel beanspruchen auch Amsterdam und Stockholm) gegeben haben. Denn wer ist schon gerne vor den Augen seiner Liebsten chancenlos? Siehe das 0:3 bei Juventus. Die Bayern werden am 22. November besucht.

Erstrebenswerte Harmonie

Rapid und die Champions League, das passt noch nicht recht zusammen. Die Zeit drängt, eine Harmonie nach dem letzten Spieltag ist kein erstrebenswertes Ziel. Gegen Club Brügge will man endlich ein Tor erzielen. Das wäre die absolute Bedingung für den nächsten Schritt, den ersten Sieg. Möchte man im Frühjahr den UEFA-Cup bereichern, das wäre dann das dritte Vorhaben, müssten, da die Belgier vor zwei Wochen durch ein absurdes Tor von Balaban 1:0 gewonnen haben, mindestens zwei Treffer erzielt werden.

Dagegen spricht zwar nicht alles, aber doch einiges, zum Beispiel der Ausfall der Offensivkraft Andreas Ivanschitz. Der ist zum dümmsten aller Zeitpunkte an Angina erkrankt, er blieb daheim, seine Freundin soll sich mit München angeblich arrangiert haben. Ivanschitz war in den vergangenen Wochen der beste und kreativste Rapidler. Das Fehlen von Stammkeeper Helge Payer (Achillessehnenreizung) sollte sich weniger schlimm auswirken, Ersatzmann Raimund Hedl ist ein Guter und auch Routinierter.

Kapitän Steffen Hofmann, der den mit Ideen angefüllten Sack nun alleine durchs Reserve-Venedig schleppen muss ("es hilft nichts, wegen Ivanschitz zu jammern"), beharrt darauf, "dass wir uns bisher nicht so schlecht verkauft haben". Er erinnert an den vergebenen Elfer gegen Bayern, an drei Lattenschüsse, und er betont, "dass wir mit Brügge sicher auf einer Stufe stehen". Leider drücke sich die Wahrheit stets in Resultaten aus. "Da steht die Null. Das müssen und werden wir ändern."

Vergesslichkeit

Martin Hiden (32), der sich im März beim Nationalteam das Kreuzband gerissen hatte und der seit zwei Wochen wieder im Zentrum der Abwehr dient, glaubt, "dass die Mannschaft nach wie vor intakt ist. Das Gerede vom Zerfall ist ein Unsinn, die Champions League ist nicht nur eine winzige Episode". Vor seiner Verletzung "waren wir im Rausch, da ging alles von allein. Die Doppelbelastung dürften wir nicht ganz gepackt haben, es fehlen die permanenten Erfolgserlebnisse. Aber die Öffentlichkeit vergisst schnell. Unlängst haben wir die Austria 2:0 geschlagen".

Josef Hickersberger (er verzichtete auf privaten Begleitschutz) sagt, was ein Trainer zu sagen hat: "Wir wollen in Brügge siegen. Das gelingt, wenn jeder übers Limit geht." Wäre er dazu da, um seinem Nachfolger Georg Zellhofer zu imponieren, "wäre eine Niederlage viel gescheiter. Dann könnte er sich voll auf die Meisterschaft konzentrieren. Aber so nett will ich nie sein". (DER STANDARD Printausgabe 02.11.2005)