Ohne Lev Termen, diesem sowjetischen Spion, Physiker, Erfinder, Träger des Stalinordens 1. Klasse und Gulag-Häftling wäre die elektronische Musik der Sixties und Seventies um prägende Facetten ärmer. Lev Termen hatte 1919 mit dem ersten elektronischen Musikinstrument, dem "Theremin" - ein Töne erzeugender Apparat, der durch die bloße Bewegung der Hände funktioniert - die Rohfassung der späteren Synthesizer geschaffen.
Jenem Lev Termen, der die Prinzipien synthetischer Klangerzeugung auch für die Erfindung elektronischer Sicherungssysteme und Abhörmethoden nutzte - Auftraggeber waren die Sowjetunion und Amerika -, ist derzeit in Graz die bisher größte Dokumentation außerhalb Russlands gewidmet.
Medienexperte und -künstler Richard Kriesche holte noch bespielbare Originalinstrumente und elektronische Einrichtungen nach Graz. Ausgestellt sind sie - noch bis 4. November - im beziehungsreichen "Dom im Berg", jenem Teil des Stollensystems im Grazer Schlossberg, das von sowjetischen NS-Zwangsarbeiter herausgeschlagen worden war.
Für Kriesche ist es aber nicht bloß eine Schau einmaliger Raritäten der Musik- und Spionagehistorie. Hinter dem Phänomen Termen, hinter der paradoxen Vita dieses russischen Genies, steht das teuflische Spannungsfeld zwischen Totalitarismus, Kunst und Wissenschaft. Termen musste seine Genialität auch in den Dienst der sowjetischen Staatsüberwachung, der Obstruktion stellen.