Es hätte das Zuckerl sein sollen, das dem so genannten "kleinen Mann" die bittere Pille Pensionsreform versüßt: die Schwerarbeiterregelung, mit der das BZÖ wirklichen "Hacklern" einen früheren Pensionsantritt ermöglichen wollte. Nach monatelangem Basteln hat Sozialministerin Ursula Haubner nun einen Entwurf vorgelegt, der Schwerarbeit dermaßen vage definiert, dass nur eine einzige Gruppe von Schwerarbeitern wirklich fix feststeht: die Angestellten der Pensionsversicherungsanstalt. Denn sie sollen nun bei jedem Pensionsantrag ernsthaft überprüfen, wie viele Kalorien jemand vor 35 Jahren bei welcher Arbeit wie viele Monate lang verbraucht hat und dazu Arbeitgeber und Kollegen befragen.

Wie soll das etwa bei Bauarbeitern gehen, deren Exfirmen schon lange nicht mehr existieren? Wenn das Kriterium Kalorienverbrauch das wichtigste ist - sind dann Frauenberufe wie in der Krankenpflege weniger schwere Arbeit als der kalorienintensive Job Fitnesstrainer? Wie ist beweisbar, ob jemand vor 35 Jahren schweren Arbeitsstress hatte oder nicht? Nur drei Detailfragen, aus denen sich bereits eine klare Antwort ergibt: Haubners Entwurf ist nicht praktikabel und schafft statt mehr Gerechtigkeit im Pensionssystem nur mehr Ungleichgewicht. Kein Wunder, dass alle Experten die Schwerarbeiterregel als "klar verfassungswidrig" und undurchführbar qualifizieren. Selbst Theodor Tomandl, der Leiter der Pensionsreformkommission der Regierung, hält die Schwerarbeiterregelung nicht für das versprochene Zuckerl, sondern für schlicht ungenießbar.

Sozialministerin Haubner wäre gut beraten, diese Bedenken ernst zu nehmen. Wenn sie nicht ein Pfuschgesetz schaffen will, das nur Chaos, Ungerechtigkeiten und Bürokratie schafft - und alle Schwerarbeiter frustriert. (DER STANDARD, Print, 28.10.2005)