Eyal Zisser: Die meisten Israelis ziehen ein stabiles Syrien vor.

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Tel Aviv/Wien - In Israel ist man gespalten zwischen Schadenfreude, dass es den Erzfeind Syrien gehörig beutelt - viele hoffen auf ein baldiges Ende der Herrschaft von Präsident Bashar al-Assad -, und der Sorge vor der Destabilisierung eines bis dato stabilen Nachbars. Eyal Zisser vom Moshe-Dayan-Zentrum für Mitteloststudien der Universität Tel Aviv bezweifelt im STANDARD-Gespräch, dass es im Moment eine vernünftige Alternative zur Baath-Regierung in Damaskus gibt: "Wenn das Regime zusammenbricht, dann wird es wahrscheinlich wie im Irak werden, Terrorismus und der Zusammenbruch des Staates."

Die meisten Israelis, meint Zisser, würden doch die Stabilität vorziehen, "aber es ist nicht die Frage, was wir wollen, sondern was passieren wird". Für akut gefährdet von innen hält Zisser das Regime nicht: Die Islamisten seien schlecht organisiert, im Moment stellen sie kein Problem für Assad dar.

Zisser, eine der Autoritäten zum Thema Syrien in Israel, meint, dass es für Bashar al-Assad schwierig werden wird, die Fehler, die er im Zusammenhang mit dem Libanon und der Affäre rund um die Ermordung von Expremier Rafik al-Hariri gemacht hat, jetzt wieder zu reparieren. Assad hätte sie in erster Linie vermeiden, in zweiter früher dagegensteuern können. "Er hat sich in Schwierigkeiten gebracht und nichts dazu getan, wieder herauszukommen. Er hat die Zeichen an der Wand nicht verstanden."

Internationale Angelegenheit

Der Preis für das Regime in Damaskus würde jeden Tag größer werden: "Was vor einem Monat gereicht hätte, ist heute zu wenig." Syrien sei heute auch nicht mehr nur die Angelegenheit der Amerikaner, sondern eine internationale Sache. Es nütze nichts, wenn Damaskus behaupte, der Bericht zum Hariri-Mord sei politisch motiviert: "Mehlis ist ein berühmter Richter, und niemand in der internationalen Gemeinschaft stellt ihn infrage. Das Ganze ist nicht einmal mehr in der Hand von US-Präsident George Bush, wenn Mehlis das syrische Regime für mitverantwortlich erklärt."

Was wird Assad jetzt tun? "Er kann versuchen, einen Deal mit den Amerikanern zu bekommen - aber er wird nicht mehr so gut sein, wie er es vor einem Jahr gewesen wäre", sagt Zisser. Er glaubt jedoch daran, dass so ein Deal noch möglich ist, wenn Assad genügend biete bezüglich Kooperation zu Irak, Hisbollah und palästinensischen Organisationen in Syrien. "Es könnte aber auch sein, dass er weiter auf Zeit zu spielen versucht wie bisher." (DER STANDARD, Printausgabe, 27.10.2005)