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OeNB-Direktor Peter Zöllner

Foto: APA/Artinger
Wien - Österreichs Sparer werden im Jahr 2005 gut eine Milliarde Euro an Kaufkraft verlieren. Schuld daran ist die zu erwartende Inflationsrate, die gegenüber 2004 von 2,1 auf 2,4 Prozent steigen dürfte. Im Gegensatz dazu zeigt sich bei den Sparzinsen ein leichter Trend nach unten. Laut Oesterreichischer Nationalbank (OeNB) verringerte sich der durchschnittliche Zinssatz in den letzten 18 Monaten von 2,01 auf 1,94 Prozent.

Negativzinssatz von 0,945 Prozent

Nach Abzug der Kapitalertragsteuer (KESt) von 25 Prozent verbleiben dem Sparer im Durchschnitt real nur noch 1,455 Prozent. Verringert um die prognostizierte Inflationsrate von 2,4 Prozent ergibt sich ein Negativzinssatz von 0,945 Prozent. Bei einem Spareinlagenbestand von rund 133 Mrd. Euro entspricht dies einem Kaufkraftverlust von rund 1,25 Mrd. Euro. "Für Sparer bleibt real nichts übrig", sagte OeNB-Direktor Peter Zöllner am Montag in Wien vor Journalisten. Man müsse aber gleichzeitig bedenken, dass auch die Kredite günstiger geworden sind, so Zöllner.

Geldvermögen Privater bei 345 Milliarden Euro

Von Jahresbeginn bis zur Jahresmitte sind die Geldvermögen der privaten Haushalte laut der heute präsentierten OeNB-Statistik um 11,5 Mrd. Euro oder 3,5 Prozent - inklusive Kurssteigerungen um 4,7 Prozent - auf 345,3 Mrd. Euro gestiegen. Die Zunahme fiel stärker aus als im ersten Halbjahr 2004, als das Wachstum 9,7 Mrd. Euro betrug.

Sparneigung drückt auf Konsumquote

Die Sparneigung der Österreicher habe sich somit weiter erhöht und drücke auf die Konsumquote, so Zöllner. Mit rund 54 Prozent Anteil am gesamten Geldvermögen würden die Österreicher beim Sparen nach wie vor einen Spitzenplatz europaweit wenn nicht sogar weltweit einnehmen.

Die Neuverschuldung im ersten Halbjahr 2005 fiel mit 3,9 Mrd. Euro gleich hoch aus wie im ersten Halbjahr 2004. Der Schuldenstand der privaten Haushalte stieg um 3,2 Prozent auf 123,5 Mrd. Euro.

Nettogeldvermögen 26.000 Euro pro Kopf

Mit einem Nettogeldvermögen von rund 26.000 Euro pro Kopf rangiert Österreich im internationalen Mittelfeld, so Zöllner. Über 30.000 Euro pro Kopf haben die Deutschen, Dänen, Schweden, Franzosen, mehr als 46.000 Euro die Italiener, Briten, Niederländer und Belgier. Beim Vergleich müsse man aber rücksichtigen, dass sich in der Rangliste die unterschiedlichen Anlagegewohnheiten der einzelnen Länder widerspiegelten. Länder, in den etwa die Zukunftsvorsorge schon früher gestartet sei, lägen vor Österreich.

30 Prozent der neuen Geldmittel flossen im ersten Halbjahr 2005 in kurzfristige, liquide Finanzmittel, 35 Prozent wurden für Wertpapierkäufe und weitere 35 Prozent zum Vorsorgesparen bei Versicherungen oder Pensionskassen verwendet. Die gestiegene Bedeutung der Wertpapierveranlagung entspreche dem langjährigen Trend, so Zöllner, der aber 2000 bis 2002 unterbrochen worden sei. Insgesamt bevorzugten private Anleger sichere und liquide Anlageformen wie Bargeld und Einlagen. Der Anteil der Wertpapiere an der Geldvermögensbildung stieg von 21 Prozent im Jahr 2001 auf 37 Prozent im Jahr 2004.

Run auf Wertpapiere

Anleihen, Aktien und Investmentzertifikate wurden im ersten Halbjahr 2005 um rund 4 Mrd. Euro gekauft, um rund 400 Mio. Euro weniger als im ersten Halbjahr 2004. Besonders hoch war diesmal das Interesse an Aktien, das Kaufvolumen von 1,6 Mrd. Euro liegt bereits über jenem des Gesamtjahres 2004. Bei direkten Veranlagungen wurden Wohnbauanleihen inländischer Banken, die bis zu 4 Prozent KESt-befreit sind, und Immobilienaktien ausgewählt, bei Veranlagungen in Investmentzertifikate Wertpapiere mit Kapitalgarantie.

Vorsorgen wird immer wichtiger genommen

Produkte zur privaten Pensionsvorsorge gewinnen bei den Österreichern eine immer größere Bedeutung. Im ersten Halbjahr 2005 entfielen 30 Prozent des neu gebildeten Geldvermögen auf Vorsorgeprodukte. Im ersten Halbjahr 2004 waren es 23 Prozent. "Gegenüber 2004 ist insbesondere durch höhere Ansprüche aus Lebensversicherungen ein signifikanter Anstieg zu beobachten", sagte Zöllner.

Die Ansprüche gegenüber Lebensversicherungen und Pensionskassen beliefen sich Ende Juni 2005 auf 62,5 Mrd. Euro. Das ist knapp ein Fünftel des gesamten Geldvermögens von 345 Mrd. Euro. Im Euroraum lag dieser Anteil Ende 2004 laut OeNB bei 26 Prozent. Ein zusätzliche Impuls kommt von der Zukunftsvorsorge, Ende 2004 wurden 80 Prozent des verwalteten Vermögens von 530 Mio. Euro als Versicherungsprodukte angeboten. Die Zahl der Verträge lag bei 460.000. Auch im zweiten Halbjahr sei auf Grund der Änderung der Rententafeln und Verringerung des Garantiezinses mit weiteren Zuwächsen zu rechnen, so Zöllner.

Wohnraumbeschaffung als Haupt-Kreditgrund

Die Kreditaufnahmen der privaten Haushalte stiegen leicht auf 3,9 (1. Halbjahr 2004: 3,8) Mrd. Euro. Rund die Hälfte des Finanzierungsbedarfes wurde über Fremdwährungskredite abgedeckt, die fast ausschließlich in Schweizer Franken aufgenommen wurden. Hauptgrund für die Kreditaufnahme blieb die Wohnraumbeschaffung. Konsumkredite und sonstige Kredite gewannen jedoch an Bedeutung, so Zöllner.

Wohnraumkredite machten mit rund 2 Mrd. Euro etwas mehr als die Hälfte der Kreditaufnahmen im ersten Halbjahr aus. Die Finanzierungskonditionen waren weiterhin günstig und wurden weiter gelockert. Die Verschuldung aus Wohnbaukrediten belief sich Ende Juni auf rund 73 Mrd. Euro, davon wurden knapp 25 Prozent in Fremdwährung aufgenommen. Bauspardarlehen machten zum Vergleich nur 19 Prozent der Wohnbaudarlehen aus. Die Wohnbaukredite machen rund 60 Prozent der gesamten Verschuldung der privaten Haushalte aus.

Nettofinanzvermögen gestiegen

Das Nettofinanzvermögen - Geldvermögen von 345,3 Mrd. Euro minus Verbindlichkeiten von 123,5 Mrd. Euro - der österreichischen Haushalte stieg seit 1995 um 57 Prozent auf 221,8 Mrd. Euro. Das entspricht etwa dem eineinhalbfachen des verfügbaren Einkommens aller Österreicher, so Zöllner. Pro Kopf ergibt sich ein Wert von rund 26.000 Euro, pro Haushalt von 64.000 Euro. "Die Schere bei Verschuldung und Geldvermögen geht weiter auseinander", betonte Zöllner.

Bei der Verteilung des Geldvermögens beobachtet die OeNB eine "Angleichung an internationale Standards": 53 Prozent sind Bargeld und Einlagen, 26 Prozent sind in Wertpapieren und 15 Prozent in Lebensversicherungen veranlagt. Die Spareinlagen machen mit 133 Mrd. Euro 73 Prozent des gesamten Bargeld- und Einlagenbestandes von 183 Mrd. Euro aus.

Wertpapiere im Wert von 82 Milliarden Euro

Der Marktwert der handelbaren Wertpapiere der privaten Hauhalte machte Ende Juni 82 Mrd. Euro aus. Mehr als die Hälfte war mit 44 Mrd. Euro direkt in Anleihen und Aktien veranlagt. Der Schwerpunkt lag bei inländischen Anleihen (24 Mrd. Euro). 11 Mrd. Euro machten inländische börsenotierte Aktien aus, davon mehr als 70 Prozent ATX-Titel. Diese Vermögenswerte entsprachen knapp 10 Prozent der Marktkapitalisierung dieser Unternehmen.

Lag bei der direkten Veranlagung der Schwerpunkt auf inländischen Wertpapieren, wurden von den Fonds, die im Besitz von privaten Anlegern waren, vor allem ausländische Wertpapiere mit einem Marktwert von rund 28 Mrd. Euro gekauft. Das Verhältnis inländische zu ausländische Wertpapiere aus der Direktveranlagung bzw. der Fondsverwaltung beträgt derzeit 1 : 1.

Kursgewinne gestiegen

Für den Vermögensaufbau waren zunehmend auch Bewertungseffekte maßgebend. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr mit 4 Mrd. Euro bereits höhere Kursgewinne erzielt als im Gesamtjahr 2004, als diese 3,5 Mrd. Euro betrugen. "Die Bewertungseffekte spiegeln insbesondere die Steigerung des ATX wider", sagte Zöllner. (APA)