Die pädagogischen Hochschulen entsprechen nicht den EU-Standards in der Lehrerausbildung, kritisiert die zur Planung der Lehrerhochschulen installierte Kommission. Experten fordern eine universitäre Ausbildung für alle Lehrer.

***

Wien - "Unbedingt" lautet die Antwort des Innsbrucker Erziehungswissenschafters Michael Schratz auf die Frage, ob die Ausbildung für alle Lehrerinnen und Lehrer generell auf universitärem Niveau stattfinden sollte. Der Leiter des Instituts für LehrerInnenbildung und Schulforschung der Uni Innsbruck und Vertreter Österreichs in einer Expertengruppe der EU-Kommission zur Lehrerausbildung hält die geplanten pädagogischen Hochschulen international für keinen großen Wurf: "Die Sonderschiene für Pflichtschullehrer sollte nur ein Übergangsphänomen sein."

Bis 2007 sollen aus den 50 pädagogischen Akademien und Instituten zwölf "Pädagogische Hochschulen" (PH, acht des Bundes, drei der katholischen Kirche, eine dem Landwirtschaftsministerium unterstellte PH für Agrar/Umwelt) werden, wo nur Pflichtschullehrer zum Bachelor-Titel geführt werden sollen.

"Das jetzige PH-Konzept greift zu kurz. Wir passen nicht ins EU-Gesamtsystem. Das Bakkalaureat für die Pflichtschullehrer ist eine Sackgasse ohne Anschlussfähigkeit zur universitären Ausbildung", bemängelt der Schulentwickler im Gespräch mit dem STANDARD: "Wir können es uns nicht leisten, in der Lehrerausbildung hinten nachzuhinken."

Der Forderung des Bundeskanzleramts nach Eignungstests für Lehrer zu Studienbeginn hält Schratz, der in Innsbruck erfolgreich ein Modell der einjährigen "Selbstevaluation" der Pädagogik-Studierenden praktiziert, entgegen: "Es gibt keine gesicherten Tests, die Eignung zum Lehrerberuf prognostisch festzuhalten. Eine ,Inkubationsphase' mit viel Praxiskontakt ist sinnvoller."

Massive Kritik kommt auch von der 1999 von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (VP) und Wissenschaftsminister Caspar Einem (SP) eigens geschaffenen "Planungs- und Evaluierungskommission" (PEK) zur "Vorbereitung und Begleitung der Schaffung Pädagogischer Hochschulen". In einer aktuellen Stellungnahme von dieser Woche heißt es: "Das Erreichen des mit dem Gesetzesentwurf gesteckten Anspruchs einer ,Lehrendenausbildung auf höchstem Niveau' ist damit nicht gewährleistet." Man fordere eine "grundlegende Überarbeitung" des "nicht EU-konformen" Entwurfs mit "erheblichen Defiziten zu jenen Standards, die im EU-Raum konstituierend für eine echte tertiäre Bildungseinrichtung sind".

PEK-Mitglied und Leiter der Abteilung für Pädagogik/Pädagogische Psychologie der Uni Linz, Herbert Altrichter, sagte zum STANDARD: "Die mit den PHs angestrebte Lehrerausbildung entspricht nicht den hohen EU-Standards. Nur Österreich und Belgien bilden Lehrer unter Uni-Niveau aus."

Im PEK-Bericht ist denn auch die Rede von bloßem "Namenswechsel", zudem sei die "Fokussierung auf Volks-und Hauptschullehrerausbildung zwar organisatorisch verständlich, aber nicht inhaltlich akzeptabel".

Altrichter nennt drei Hauptkritikpunkte an den PHs: "Keine Stimulierung der Forschung, eingeschränkte Autonomie durch personelle Abhängigkeit vom Ministerium und die beschränkte Studienmöglichkeit auf das Bakkalaureat ohne Weg zur Uni. Das diskriminiert pädagogische Berufe." (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD, Printausgabe, 22./23.10.2005)