Anpassung
Laut jüngsten Berechnungen der New Yorker Insolvenzrichter verfügt das weltgrößte Brokerhaus über ein Vermögen von 16,5 Mrd. Dollar, dem Verbindlichkeiten von 16,8 Mrd. Dollar gegenüberstehen. Zuvor war man von Vermögen und Schulden über je fast 49 Mrd. Dollar ausgegangen – die Differenz erklärten Refco-Finanzberater von der US-Bank Greenhill & Co. damit, dass die im Insolvenzantrag angebenen Daten auf Bilanzen von Februar beruht hätten, "die aber nicht verlässlich waren". Greenhill-Vizechef Harvey Miller beruhigte niemanden so richtig, als er meinte, man solle sich auf keine Refco-Bilanzen zwischen Februar 2002 und Mai 2005 verlassen.
Die Wiener sind nun mit umgerechnet 378 Mio. Euro größter Gläubiger in dem Verfahren. Wie genau sich diese 378 Mio. Euro zusammensetzen, war auch Thema im Sonderaufsichtsrat der Bank, die zu 100 Prozent dem Gewerkschaftsbund ÖGB gehört. Denn die Bawag P.S.K. hat laut eigenen Angaben 75 Mio. Euro an Refco und 350 Mio. Euro an die Refco Holdings Inc. vergeben, die aber im privaten Eigentum Bennetts steht.
Gläubiger der Holding
Warum seine Bank als Hauptgläubiger im Refco-Insolvenzakt geführt wird, dürfte nicht einmal der Bawag-Chef genau wissen. "Wir haben 350 Millionen Euro an eine Holdinggesellschaft vergeben, die im Einflussbereich von Herrn Bennett stand. Nach unserem Verständnis sind wir Gläubiger dieser Holding und haben dafür seine Aktien an der operativen Refco als Sicherheit", zitiert ihn Format.
Bennett, der wegen Betrugsverdachts unter Hausarrest steht, dürfte vor dem Börsengang der Refco im Sommer übrigens kräftig verdient haben. Laut New York Times sollen er und sein Vorgänger Tone Grant von der Investmentgruppe Thomas H. Lee (ihr gehören heute 38 Prozent von Refco) in Summe 885 Mio. Euro für ihre Mehrheitsanteile bekommen haben. Bennett habe eine Tranche von mehr als 500 Mio. Euro für sich behalten; US-Juristen gehen von der Anfechtbarkeit dieser Beträge aus. In der Sondersitzung des Bawag-Kontrollgremiums herrschte jedenfalls sehr dicke Luft. Einige Aufsichtsratsmitglieder fühlen sich nicht informiert, man könnte "nicht ausschließen, dass Köpfe rollen". Jedenfalls wurde vom Vorstand eine genaue chronologische Darstellung über den Ablauf der Kreditvergabe verlangt. Tatsächlich dürfte der Aufsichtsrat im April des Vorjahres eine Kreditlinie über rund 500 Mio. Euro für Refco beschlossen haben. Diese habe laut Informationen des STANDARD nicht vorgesehen, dass Einzelanträge dann wieder aufsichtsratspflichtig sind. Die Frage, ob der Riesenkredit an Bennetts Privatfirma zur Refco- Kreditlinie gezählt werden konnte, wurde höchst kontrovers diskutiert.
Politisches Kleingeld