Gegen die "Event-Unkultur", die "Zeltfeste am Stephansplatz", die Punschstandln, die Pantomimen und das Donauinsel-Flair in der altehrwürdigen Inneren Stadt wetterte Ursula Stenzel im Interview mit "Die Presse". Sie wolle endlich wieder "einen attraktiven ersten Bezirk".

derStandard.at wollte von Wiener Originalen, Standlern und Straßenkünstlern in der Inneren Stadt wissen, was sie von Stenzels Ideen halten.

Schon vormittags herrscht reger Betrieb beim Südsteirischen Sturm-Standl. Seit 12 Jahren reist Thomas Wildbacher für vier Wochenenden im Oktober aus der Steiermark an, um seinen Schilchersturm unter die Leute zu bringen. Von der Idee, die Standln aus der Innenstadt zu verbannen, hält er gar nichts: "Das lockt doch die Menschen in die Stadt, die Wiener, die Touristen - sie haben das gerne".

Donauinselgefühle kommen bei ihm nicht auf. "Mit unserem Angebot beleben wir den ersten Bezirk, ich kann nichts Schlechtes daran finden", betont er. Was er tun würde, wenn man ihm seinen Verkauf in Wien verbieten würde? "Es wär schade drum", meint Wildbacher.

Nächste Station: Die "Bäcker beim Steffl", ein Charity-Standl, das neben Wiener Mehlspeisen auch Punsch anbietet. Von Stenzels Idee, die Punschhütten aus der Stadt zu verbannen, hält man hier wenig. "Das gehört einfach zu Wien dazu", so Verkäuferin Stephanie Blutaumüller. Das Feedback der Touristen und Einheimischen sei "durchwegs positiv". Schließlich tue man auch etwas Gutes für die Stadt: Der Stand sammelt Spenden für die Renovierung des Stephansdomes.

Von einer "Event-Unkultur" spüren die Steffl-Bäcker nichts. Und mit alkoholisierten Kunden habe man auch keine Probleme: "Wir haben weder die Preise noch die passende Musik, um sich hier maßlos zu betrinken".

Seit zwei Jahren kutschiert Ludmila Kackosova in ihrem Fiaker Touristen durchs traditionelle Wien. "Ich kann nicht verstehen, wie sich jemand an den Veranstaltungen in der Inneren Stadt stören kann", meint sie. Für sie sei die Innere Stadt schön, wie sie ist, mit Punschständen, Straßenkünstlern und Events. "Die Touristen mögen die Tradition, aber auch die Veranstaltungen", weiß die Fiakerin. Von Stenzls Idee, die öffentlichen Parks zu sperren, hält sie gar nichts: "Ein Park soll zum Vergnügen da sein, eine Oase für alle".

"Die soll einmal zu mir kommen, die Dame, der sag ich gern meine Meinung". Peter Preisner, Maronibrater beim "Maroni-Mann" im ersten Bezirk, ist nicht gut auf Ursula Stenzel zu sprechen. "Die Standln, die Weihnachtsmärkte, der Silvesterpfad - das ist eine Attraktion", berichtet der Maronibrater.

Die Touristen kämen wegen der "einmaligen Stimmung" nach Wien, die es vor allem im ersten Bezirk gäbe. Ein weiteres Argument liegt dem Maroni-Mann besonders am Herzen: "Hat die Frau Stenzel sich einmal überlegt, wieviele Arbeitsplätze verloren gehen, wenn man alles das zusperrt?"

Bei Wind und Wetter stehen die Ticketverkäufer am Stephansplatz, um ihre Konzertkarten an den Mann und an die Frau zu bringen. Und bekommen dabei viel davon mit, wie die Stimmung in der Stadt ist. "Die meisten Touristen sind sehr zufrieden", erzählt einer von ihnen. Der Verkäufer ärgert sich über das ewige Jammern: "Die Veranstaltungen und Standln bringen Geld für Wien, die Menschen mögen es, es ist eine Tradition - warum sollte man damit aufhören?"

Die Wiener Innenstadt lebe von ihren Darstellern und Events. "Als ich vor Jahren aus Berlin nach Wien gekommen bin, war die Stadt so gut wie tot", berichtet einer der Tickethändler. Jetzt würde es langsam, aber sicher ein bisschen lebendiger. "Ich verstehe nicht, wieso man das ändern sollte".

Bewegungslos steht er auf seinem Podest und denkt sich seinen Teil zur Wiener Innenstadt. Der "Weiße Mozart" Charles Kollitsch liebt das, was er tut. Und die Menschen lieben ihn: "Man kann sagen, dass 95 Prozent der Reaktionen positiv sind, ein paar Leute gibt es natürlich immer, die etwas auszusetzen haben".

Was die Straßenkünstler tun, trage wesentlich zur Atmosphäre der Inneren Stadt bei. "Manchmal gehe ich Sonntags in der Früh durch die Straßen, es ist gähnend leer und langweilig, die Menschen sind richtig bedrückt", berichtet der Darsteller. Diejenigen, die auf der Straße bei den Pantomimen stehenbleiben, seien "kein Gewinn für die Innere Stadt", hatte Ursula Stenzel gemeint. "Die Menschen bedanken sich bei uns", berichtet Charles. "Vielleicht bringen wir ihnen nur das kleine Glück, aber es ist wichtig für die Stadt", ist er überzeugt.

Text: Anita Zielina

Bilder: Marietta Türk