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Privatsender laufen Sturm gegen den Gesetzesantrag von ÖVP und BZÖ, mit Jahreswechsel das ORF-Gesetz zu lockern. Ein Sportkanal (über Satellit) – also TW1 – soll künftig zum "Versorgungsauftrag" des ORF zählen. Dann darf die Anstalt ihn mit Gebühren finanzieren.

"Verstaatlichung" des Sports

Das bedeutet für Premiere-Manager Hans Mahr die "Verstaatlichung" des Sports. Gebühren für TW1 nennt er im Gespräch mit dem STANDARD "verbotene staatliche Beihilfen". Er rechnet deshalb mit einem Wettbewerbsverfahren der EU. Eine baldige Gebührenerhöhung sei mit der Novelle programmiert. Der ORF verspricht: nicht mehr Geld für TW1 als bisher.

"Kniefall" der Politik vor dem ORF

Markus Blank, Geschäftsführer von Puls TV, spricht gegenüber dem STANDARD von einem "Kniefall" der Politik vor dem ORF. Er verweist auf die damit verbundenen Privilegien für TW1: Kabler müssen den Kanal einspeisen, und das für den Sender kostenlos.

Lockerungen für Private vermisst

Für Markus Breitenecker geht die "Schieflage" des österreichischen Fernsehmarktes mit der Novelle ins "Kippen" über. Der Vermarkter von Pro Sieben, Sat.1 und Co in Österreich vermisst Lockerungen für Private. Für den ORF gälten etwa Glücksspiel-Sendungen nicht als Product-Placement wie bei Privaten.

Gelassen nehmen die Konkurrenten indes, dass der ORF bald Live-Sport mit Werbung unterbrechen darf und Sponsoren nur mehr am Anfang oder Ende von Patronanzsendungen nennen muss. (fid/DER STANDARD, Printausgabe, 21.10.2005)

Molterer: "Praxistaugliche Überlegungen"

"Praxistaugliche Überlegungen" stehen hinter dem Entwurf, so ÖVP-Klubobmann und Mediensprecher Wilhelm Molterer. Ziel sei es, auch in Zukunft "die wichtigen sportlichen Ereignisse zu sichern". Sport sei Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrags. "Im Gegenzug haben wir aber auch klargestellt, dass für TW1 die selben Werberegulative gelten wie für die übrigen Programme des ORF. Hier wird nicht mit zweierlei Maß gemessen." Insgesamt stelle die Novelle einen "vernünftigen Schritt" dar: "Es hätte ja mehr Wünsche gegeben, aber ich habe von Anfang an gesagt: 'Wünsch dir was' spielt es nicht."

VÖP: "Mühle auf, Mühle zu"

"Mühle auf, Mühle zu" - diese Taktik gegenüber den Privatsendern sieht dagegen Christian Stögmüller, Vorsitzender der Interessensvertretung VÖP. "Die Situation für Private verschärft sich noch einmal dramatisch", kritisierte er. "Gerade im hochsensiblen Bereich der Sportrechte wird hier der Markt noch einmal unter Druck gesetzt."

VÖZ erleichtert

Beim Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) ist man indes erleichtert, dass dem ORF keine zusätzlichen regionalen Werbemöglichkeiten zugestanden wurden, sagte Verbandssprecher Hannes Schopf. Entsprechende Forderungen auch aus der Landespolitik gab es ja. Schopf: "Wir sind zufrieden, dass da nicht nachgegeben wurde."

ORF plant Arbeitsgruppe

Für ORF-Finanzdirektor Alexander Wrabetz ist die geplante Novelle ein "maßvoller Schritt für Erleichterungen im Bereich der Sonderwerbeformen". Mit TW1 werde sich demnächst eine Arbeitsgruppe im ORF befassen, die "auf Basis der veränderten Rahmenbedingungen ein Konzept für einen Relaunch erarbeiten" soll.

Immerhin wird der ORF, sollte der Entwurf in der vorliegenden Version Gesetz werden, verpflichtet, ein "Fernseh-Spartenprogramm im Bereich Sport" zu veranstalten. TW1 werde aber künftig "sicher nicht mehr kosten als jetzt", versicherte Wrabetz. Weitere Sportarten - unlängst wurde Volleyball erworben - habe man derzeit ebenfalls nicht auf der Einkaufsliste. Manche Übertragungen könne man gar nicht auf TW1 zeigen, da es europaweit unverschlüsselt ausgestrahlt wird, der ORF aber für vieles (etwa Formel 1) nur die Österreich-Rechte habe.

"Rechtssicherheit"

Wrabetz sieht durch die neue TW1-Bestimmung vor allem "Rechtssicherheit" für den ORF. Bisher orteten Kritiker im - kommerziellen - Spartensender immer wieder Quersubvention mit Gebührengeldern. "Jetzt wird klar gesagt, selbst wenn es indirekt Gebühren wären, ist es auch okay", so der Kaufmännische Direktor. Die Angst der Konkurrenz, der ORF könnte aus TW1 einen Wettkanal machen, wiegelt er ab: Daran sei nicht gedacht. "Der ORF wird sicher keine Wetten veranstalten, weil dafür die gesetzlichen Voraussetzungen nicht bestehen."

Die Änderungen im Werbebereich seien zwar ein "wichtiger Schritt", allerdings hätte es gern ein bisserl mehr sein können, lässt Wrabetz durchblicken: "Hier hat offensichtlich der erbitterte Widerstand der Konkurrenz gewirkt, dass nicht mehr drinnen war." (APA)