Foto: Viennale
Ein Mann und eine Frau kommen in Paris an. Sie fahren mit dem Taxi ins Hotel, richten sich dort in ihren Räumen ein. Rasch wird noch ein Extrabett bezogen - das erste Indiz dafür, dass das "perfekte Paar" nur noch Fassade ist. Beim Abendessen mit alten Freunden - die beiden Besucher leben lange schon im Ausland - kommt dann zur Sprache, dass Marie (Valéria Bruni-Tedeschi) und Nicolas (Bruno Todeschini) sich trennen werden. Ihre Tage als Paar sind wohl gezählt.

Der japanische Regisseur Nobuhiro Suwa hat "Un couple parfait" in Frankreich, mit französischem Ensemble und Team gedreht und damit unter anderem auch seine Auseinandersetzung mit dem französischen Kino fortgesetzt. Nach "H Story" (2001), Suwas Neuformulierung von Alain Resnais' "Hiroshima mon amour", scheint er hierbei nun das Autorenkino der 70er- und 80er-Jahre und dessen schonungslose Sezierung zwischenmenschlicher Verhaltensweisen im Blick gehabt zu haben. Jacques Doillon sitzt denn auch irgendwann als Doyen unter den Gästen einer Hochzeitsfeier.

Suwas Film kreist um die Beobachtung des Paares, zu zweit, getrennt, mit anderen - in einem seltsamen Zwischenstadium, in dem die Trennungsabsicht ausgesprochen wurde und beide gute Gründe dafür haben, aber dennoch nicht alle Zweifel an der Stimmigkeit dieser Entscheidung ausgeräumt scheinen.

Stellungskrieg

Allerdings entwickelt er sein Drama nicht in erster Linie über ein entsprechend forciertes Spiel oder Nähe zu den Akteuren. Vielmehr inszeniert er diese in langen, sorgfältig komponierten, ungeschnittenen Einstellungen, bei denen räumliche Strukturen ebenso mitspielen, wie Körperhaltungen, Blicke und Gesten.

Der Realismus des Beziehungsstellungskrieges - an Nebensächlichkeiten entzünden sich ohne Vorwarnung fundamentale Auseinandersetzungen, das angeschlagene Verhältnis ist anfällig für jedwedes Missverständnis - wird von einem strengen formalen Konzept kontrastiert. (Ähnliches hat zuletzt etwa Romuald Karmakar mit "Die Nacht singt ihre Lieder" unternommen.)

Musikalische Interpunktionen begleiten rare Großaufnahmen. Räumliche Trennung wird durch visuelle Symmetrien überbrückt. Spiegelungen und deren Brechung strukturieren den Film, in dessen Halbdunkel die Figuren nicht selten zu verschwinden drohen. Ein Halbdunkel, in dessen Schutz manchmal unvermittelt Nähe aufkommt. Ein Halbdunkel, aus dem sich auch die Vorgeschichte der Figuren und mögliche Gründe für ihre Krise erst langsam herauslösen: Erst aus der zufälligen Begegnung Maries mit einem alten Studienfreund (Alex Decas) wird ersichtlich, dass sie ihre frühere Tätigkeit als Fotografin im Zuge ihrer Ehe wohl aufgegeben hat.

Und erst während einer durchzechten Nacht mit einer Freundin scheint Nicolas zu dämmern, dass er mit seiner Beziehung und mit seiner Frau noch nicht abgeschlossen hat. Als er zurück kommt, hat Marie schon das Zimmer gewechselt, ist zum Fortgehen bereit. Als er ihr folgt, geht das intensive Wechselspiel von Anziehung und Abstoßung in eine neue Runde. Ein Spiel, das hier in einer Weise ausgelotet wird, wie im Kino schon lange nicht. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.10.2005)