In Tirol hat sich eine Life-Science-Szene entwickelt, die nun von einer Studie im Großen und Ganzen gelobt wurde. Kritik wurde am mangelhaften Technologietransfer geübt.

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Seit den Hochzeiten der Biochemie Kundl hat sich in Tirol eine Life-Science-Szene entwickelt. Im Bereich von Pharmazie, Biotechnologie, Medizintechnik und Medizininformatik entstanden seit 2001 rund 100 qualifizierte Arbeitsplätze. Derzeit sind 45 Unternehmen in dieser Branche tätig. "Tirol ist der dynamischste Life-Science-Standort in ganz Österreich", lobt Gordon Koell, Geschäftsführer des Kompetenzzentrums Medizin Tirol (KMT).

Im Vergleich mit führenden Regionen wie dem Medicon Valley in Dänemark und Schweden hat Tirol allerdings noch Aufholbedarf. Das stellte eine Studie fest, die von der Zukunftsstiftung Tirol und dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie in Auftrag gegeben wurde. "Wir haben uns Benchmarks gesetzt, an denen wir uns messen können", erklärt Koell den Hintergrund der Studie. "Von Medicon Valley und Finnland können wir noch etwas lernen."

Eine gute Note stellt die Studie der Grundlagenforschung aus. Die Leopold-Franzens-Universität (LFU) und die Medizinischen Universität Innsbruck (MUI) forschen vor allem im Bereich Medizintechnik und "rote" Biotechnologie, die Entwicklungen für Veterinär- und Humanmedizin umfasst. Eine weitere Stärke des Life-Science-Standorts liegt laut Koell in der Vernetzung von Forschung und Wirtschaft. "Im Vergleich zu anderen Regionen gibt es in Tirol einen direkten Zugang zur Forschung. Binnen zwei Telefonaten ist es möglich, mit Forschungsinstituten in Kontakt zu treten", meint der KMT-Chef dazu. Die Universitäten hätten sich in den letzten Jahren geöffnet.

Positiv bewertete die Studie in diesem Zusammenhang die Gründung von mehreren Kompetenz-, Gründer-, Technologie- und Impulszentren. Diese Anstrengungen scheinen bisher allerdings nicht ausgereicht zu haben. Denn der Technologietransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft wird als schwach bis ungenügend eingestuft.

Auch Christian Mathes vom Center for Academic Spin-offs Tirol (CAST) sieht hier noch Handlungsbedarf: "Forscher orientieren sich zumeist an der wissenschaftlichen Community und verarbeiten ihre Ergebnisse in Publikationen." Industrielle Verwertung stehe dabei nicht im Vordergrund. Daher will CAST Forscher mit interessanten Ergebnissen dazu motivieren, selbst Unternehmen zu gründen. "Wir investieren viel Energie, damit in Tirol eine Gründerkultur entsteht", so Mathes.

Daneben unterstützt CAST Forscher allerdings auch bei Kooperation mit Unternehmen und bei der Patentierung von Forschungsergebnissen. Doch um Unternehmen gründen zu können, braucht man Kapital. Und das fehlt dem Life-Science-Standort, heißt es in der Studie. "Life Science ist eine Hochrisikoszene", meint Koell. Die Entwicklung von medizinischen Produkten verursacht hohe Kosten. Hat ein Forschungsinstitut einen Wirkstoff entdeckt, dauert es bis zu zehn Jahre, bis das Produkt marktreif ist. Vor allem kleinere Unternehmen gehen hier eine großes Risiko ein. Eine Lösung des Problems wären private Investoren. Auch die Infrastruktur ist mangelhaft. Zum Beispiel fehlt eine Einrichtung für die klinische Forschung. Abhilfe soll ein Clinical Trial Center schaffen. (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 17.10. 2005)