Wien – Jetzt zeichnet sich eine neue Steigerungsform des Arbeitslosenproblems im heimischen Tourismus ab: Im Hinblick auf fehlende Jobs gibt es faktisch keine saisonalen Zyklen mehr. Sogar während touristischer Spitzenzeiten steigen die Arbeitslosenzahlen. Im heurigen September gab es in der Branche mit 34.045 Arbeitslose um 8,5 Prozent mehr als im Vergleichsmonat des Vorjahres.

"Gletscherkontingent" wächst

Rudolf Kaske, Vorsitzende der Gastgewerbegewerkschaft (HGPD), macht dafür primär die Regierung und deren unzulängliche "kosmetische Korrekturen" verantwortlich. So werde etwa die angekündigte Kürzung der Saisonierkontingente um zehn Prozent keine Erleichterung am Arbeitsmarkt bringen. Dort machen Kaske vor allem die vielen illegalen Beschäftigten große Sorgen. Diese werden auch beim Thema "Gletscherkontingent" nicht kleiner. Das Feilschen der Touristiker um zusätzliche ausländische Arbeitnehmer hat bereits heftig eingesetzt. "Obwohl die Gletscher immer kleiner werden, bleibt die von der Wirtschaft geforderte Saisonierzahl gleich bzw. sie wächst sogar," ätzt Kaske.

"Fluchtbranche"

Der Tourismus ist mit Blick auf die Arbeitnehmer eine "Fluchtbranche", in der acht von zehn die Branche nach zehn Arbeitsjahren hinter sich gelassen haben. Der Gewerkschafter macht dafür vor allem schlechte Rahmenbedingungen, wie die geringe Beschäftigungszeit von rund sieben Monaten und die mickrigen Löhne, verantwortlich. Tourismusmitarbeiter verdienten ein Drittel weniger als der Durchschnittsösterreicher.

Hingegen sei der Zustrom deutscher Arbeitskräfte nicht für die fehlenden Jobs verantwortlich. Von der Gesamtbeschäftigung waren gerade 3,5 bis vier Prozent Deutsche, "was verträglich ist", relativiert Kaske die Diskussion. (Monika Bachhofer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15./16.10.2005)