Wer Bomben auf den Irak werfe, töte nicht Saddam Hussein, sondern tausende unschuldige Menschen, hatte der Dramatiker bereits vor dem Feldzug gewarnt. Und hinzugefügt, dass ihm rätselhaft sei, wie Blair einen solchen Angriff mit seiner Moral vereinbaren könne. Man muss das Sendungsbewusste am britischen Premierminister kennen, die Attitüde des Moralapostels, des Weltverbesserers, erst dann begreift man, wie sehr ihn Pinters Nadelstich schmerzte. Der hatte es übrigens zuvor schon abgelehnt, das Serbien Slobodan Milosevic zu bombardieren.
Aufgewachsen ist der Nobelpreisträger im East End, einem Viertel der kleinen Leute, wo man bis heute nicht viel übrig hat für den gespreizten Redestil elitärer Oxford-Absolventen. Am 10. Oktober 1930 kam Pinter in Hackney im tiefsten Londoner Osten zur Welt, das einzige Kind eines jüdischen Einwandererehepaares, das seinen portugiesischen Namen da Pinta abgelegt hatte. Schon sein Englischlehrer, ein gewisser Joseph Brierley, ermunterte ihn, Stücke zu schreiben. Später riet ihm auch Samuel Beckett zu. Doch ohne seine jugendlichen Begegnungen mit dem Antisemitismus, so Pinter, hätte er sich vermutlich nicht fürs Drama entschieden.
Mit 18, aus Gewissensgründen, verweigerte er den Militärdienst in der britischen Armee. In den kargen Fünfzigerjahren begann er als Schauspieler zu arbeiten. Die Achtziger, die Thatcher-Jahre mit ihren Brachialreformen, fasste er mit dem Satz zusammen, nie zuvor habe er als soziales Wesen ein so beklemmendes Gefühl des Erstickens gehabt.
Im Oberlehrerton verkündete die Eiserne Lady, dass es so was wie Gesellschaft nicht gebe, und Pinter, der Gesellschaftsmensch, zählte zu ihren schärfsten Kritikern. Mancher übergoss ihn dafür mit Hohn, nannte ihn einen Champagner-Sozialisten.