Foto: Viennale

Das faszinierende Porträt eines Stars, den ganz Deutschland zu kennen glaubte - und der sich gleichzeitig zunehmend verweigerte: In "Horst Buchholz ... mein Papa" unternimmt sein Sohn Christopher eine dokumentarische Spurensuche der eigenen Art.


Die Wohnung sieht unbehaglich aus. Steile Wände, eine kleine Terrasse, kaum Möbel. Hier hat Horst Buchholz die letzten Jahre seines Lebens zugebracht, in einer Mansarde in Berlin, getrennt von der Familie. In dieser Wohnung lebte der Mann, der nicht mehr "Hotte" sein wollte.

In diese Wohnung tritt nun, nach dem Tod von Horst Buchholz im März 2003, sein Sohn Christopher und beginnt einen Film. Horst Buchholz ... mein Papa. Ein intimes Dokument, das einem Mann auf die Spur zu kommen versucht, den ganz Deutschland und ein guter Teil der Filmwelt gut zu kennen glaubte. Der sich aber im Alter stark zurückzog, überwältigt von einer Stimmung des "Déjà-vu". Nun sitzt er plötzlich wieder da vor der Videokamera des Sohnes. Er ist unrasiert und untergewichtig. Sein Alkoholismus ist ein offenes Geheimnis.

"Horst Buchholz ... mein Papa" ist eine Art Familienaufstellung. In Berlin sitzt der Vater als Eremit. In Paris sitzt die Mutter, Myriam Buchholz Bru, früher selbst Schauspielerin, nun Agentin. Sie ist eine schöne, erfolgreiche Frau, die ihr eigenes Leben führt. In Los Angeles sitzt Simran Khaur Khalsa, die Schwester von Christopher. Sie hat sich besonders weit entzogen, nur geografisch lebt sie in Amerika, spirituell in Asien und auf ihrem Meditationssofa.

Zwischen diesen Beteiligten reist Christopher Buchholz hin und her. Er gräbt die alten Super-8-Filme aus, auf denen er selbst mit seinem "Papa" zu sehen ist.

Er sieht sich die Filme noch einmal an, mit denen Horst Buchholz berühmt wurde. Auferstehung von Rolf Hansen, das Bekehrungsstück nach Tolstoi, in dem Myriam Bru die Katjuscha spielte. "Monpti" von Helmut Käutner, ein frivoles Spiel, in dem eine junge Schönheit namens Romy Schneider das Objekt der Begierde gab. "Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" von Kurt Hoffmann, die Paraderolle von Horst Buchholz, halb junger Gott, halb schlimmer Finger. Sie stammen alle aus den späten Fünfzigerjahren, aus der Zeit von "Papa's Kino", gegen das Horst Buchholz die "Halbstarken" führte.

Er war der Junge mit der Lederjacke, für ein Land, das keine Uniform mehr tragen wollte. Der Ku'damm war sein Hollywood Boulevard. Daran erinnern Christopher Buchholz und Sandra Hacker auch noch einmal. Der Papa lebte damals nicht immer wie ein Papa. Er nahm sich viele Freiheiten, er war ein "heiliges Monster", wie Myriam Buchholz Bru sagt. Als er die Familie schließlich verließ, war der Grund dann aber kein Mädchen. Nach Berlin ging er "mit einem Freund", wie die Sprachregelung lautete.

Wieder ist es der Sohn, der ausdrücklich macht, was der Vater für sich behalten möchte: die homosexuelle Neigung des Frauenhelden. Es trägt zur Wirkung von "Horst Buchholz ... mein Papa" bei, dass Christopher nicht unbedingt sympathisch ist, sondern wie ein Eindringling wirkt. Er hat ein privates Interesse, das ja. Aber er trägt doch auch Dinge an die Öffentlichkeit, die dort nicht unbedingt hinmüssen.

Es ist dann aber Horst Buchholz selber, dessen Präsenz die Dinge ins Lot bringt. Seine späte Zeit mag ein Verfall gewesen sein, geprägt durch das Trinken, durch die Verwirrung, durch Selbstaufgabe. Davon sind hier nur Andeutungen zu sehen. Stattdessen zeigen Christopher Buchholz und Sandra Hacker einen Mann im inneren Exil.

Der Stolz, aber auch die Trauer dieser Haltung, ist faszinierend. Das Beharren dieses Mannes, kein nächster Heesters, kein lebendes Denkmal zu werden, sondern in seiner Mittelklassewohnung auszuharren - das war als Strategie des Verschwindens sicher nicht ganz bewusst gewählt, wohl auch kein Protest, sondern einfach ein Ergebnis. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.10.2005)