STANDARD: Spieltheorien sind ja nicht erst seit der jüngsten Nobelpreisvergabe populär. Was hielten Sie eigentlich vom Fim "A Beautiful Mind"? Das berühmte Nash-Gleichgewicht wird ja mit einer Bar-Aufriss-Szene erklärt.

Ritzberger: Ich halte den Film für ausgesprochen gut. Ich kenne John Nash persönlich, die schauspielerische Leistung des Hauptdarstellers hat mich sehr beeindruckt. Aber vieles ist Hollywood Fiction. In der Realität spielen Nash-Gleichgewichte eine große Rolle, sie sind eines der wichtigsten Lösungskonzepte in der Analyse wirtschaftlicher Interaktion.

STANDARD: Nur in der nachträglichen Analyse?

Ritzberger: Es geht auch anders, nicht nur Ex-Post. Wenn man zum Beispiel Mobilfunkfrequenzen versteigern will: Die Rundfunkbehörden müssen dass so tun, dass keiner der Bieter ruiniert wird, aber der Staat auch nicht Geld verliert.

Es geht also um das Design eines Marktmechanismus. Anfang der 90er Jahre haben sich Spieltheoretiker in den USA damit eine goldene Nase verdient. Heute sind sie omnipräsent - auf Börsen oder bei Ebay.

STANDARD: Schwingt bei der Spieltheorie nicht auch etwas Ideologie mit - weil stets betont wird, dass Eigennutz nicht immer sinnvoll ist?

Ritzberger: Es gab lang die Vorstellung, wenn jeder einzelne in einer Ökonomie sein eigenes Wohlbefinden versucht, dass dann alle besser dran sind - Adam Smiths Invisible Hand. Die Spieltheorie hat bald bewiesen, dass das nicht stimmt. Bob Aumann hat gezeigt, dass in sich wiederholenden Situationen es auch individuell vernünftig ist, etwas zu tun, was dem Gemeinwohl nützt. Niemand hat ein Interesse daran, dass ein System zusammen bricht.

STANDARD: Weil der Egoist von den andren Akteuren abgestraft wird?

Ritzberger: Weil sich die Anreize des Egoisten verändern, wenn er immer wieder mit der selben Situation konfrontiert ist. Er will ja auch nicht, dass die anderen nur auf ihr Eigenwohl schauen, weil das würde ihm ja selber schaden.

Wenn Sie ihre Kollegen im Büro nur einmal sehen würden und dann nie wieder, werden Sie sich vielleicht nicht um sie kümmern. Aber wenn Sie jahrelang im selben Büro sitzen, dann versuchen Sie doch, auch eher nett zu sein. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.10.2005)