Gesundheitskommissar Markos Kyprianou im STANDARD-Gespräch: "Versuchen, die Entwicklungs- und Zulassungszeiten von Impfstoffen zumindest zu halbieren."

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Impfstofflabor in Deutschland.

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EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou ruft die EU-Staaten zu Vorbestellungen für Impfstoff gegen die Vogelgrippe auf. Er sieht die Gefahr einer Pandemie gegeben.

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Der für Gesundheit und Verbraucherschutz zuständige EU-Kommissar Markos Kyprianou sieht eine "hohe Möglichkeit, dass eine Pandemie aus der Vogelgrippe entstehen kann". Die Mutation des Virus, die alle erwarteten, könnte auch von einem anderem Virenstamm ausgehen, meint Kyprianou. "Wir müssen uns grundlegende Pläne zurechtlegen, um für jede Möglichkeit gewappnet zu sein", sagte der EU-Kommissar im Interview mit dem STANDARD.

Er verweist darauf, dass es bei den Vorbereitungen erhebliche Schwierigkeiten gibt: "Wir haben, wie man weiß, zwei Probleme: Erstens: Weil es das Virus noch nicht gibt, existiert auch noch kein Impfstoff, weil wir die Mutation ja erst erwarten."

Derzeit werde mit der European Medicine Agency in London zusammengearbeitet, um die Zeitspanne für die Entwicklung und Zulassung eines Impfstoffes zu verkürzen, sobald das Virus identifiziert sei. Derzeit dauere das Verfahren sechs bis acht Monate. "Wir versuchen, dies zumindest zu halbieren."

Das zweite Problem seien die Produktionskapazitäten der Pharmaindustrie. "Wenn die Firmen den Impfstoff haben, so haben sie nicht die Kapazität, genug für alle herzustellen, sollte eine Pandemie ausbrechen", sagte Kyprianou. Die EU-Kommission habe deshalb Public Private Partnership angeregt, also die Zusammenarbeit zwischen dem Staat und Privatfirmen.

Schon die verstärkte Nutzung von Impfungen gegen saisonale Grippearten könne ein Anreiz für Unternehmen sein, in Kapazitäten zu investieren, hofft der EU-Kommissar. Außerdem wolle die EU-Kommission die Mitgliedsstaaten überzeugen, bereits jetzt Vorbestellungen für den noch zu entwickelnden Impfstoff einzugehen.

Der EU-Kommissar ruft die EU-Staaten auch zum Teilen auf: "Bevor der Impfstoff fertig ist, werden die erste Verteidigungslinie Antivirenmedikamente sein. Deswegen sollten Mitgliedsstaaten sie nicht horten, denn es gibt nur wenige auf dem Markt." Diese Medikamente werden jene brauchen, die unmittelbar gefährdet seien. Wie diese Medikamente verteilt werden können, damit sollen sich die EU-Gesundheitsminister bei ihrem nächsten Treffen in zwei Wochen in Großbritannien beschäftigen.

Der Zypriote warnt aber vor einer Panikmache: "Als ich im Vorjahr die Verantwortung für den Bereich übernommen habe, war die Situation nicht besonders ermutigend. In diesem Jahr haben wir mit den Mitgliedsstaaten zusammengearbeitet, um nationale Notfallpläne zu erstellen oder diese zu aktualisieren."

Jetzt sei auch mithilfe der Weltgesundheitsorganisation WHO, die vor bis zu sieben Millionen Toten im Falle einer Pandemie warnt, das Niveau erreicht, dass alle EU-Staaten einen Notfallplan hätten. "Jetzt arbeiten wir an den endgültigen Details", erklärte Kyprianou. (Alexandra Föderl-Schmid/Leo Szemeliker/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.10.2005)