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Snowboarden hat seinen Höhepunkt mit einem Anteil von 15 bis 20 Prozent an der Klientel erreicht, sagen Experten (Bild: Plakat der Österreich-Werbung für die Wintersaison 1997/98).

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Schnee und Eis statt Badesee und Eis am Stil: der Wintertourismus ist drauf und dran, dem lange dominierenden Sommertourismus den Rang abzulaufen. Vom Image her ist das bereits geschehen. "Der Winter in Österreich gilt als cool, actionreich, der Sommer als das genaue Gegenteil: nämlich austauschbar und fad", sagte der Zukunftsforscher Andreas Reiter dem STANDARD .

Sommer bei Nächtigungen nur noch knapp vorn

Traditionellerweise kommen österreichische Beherbergungsbetriebe im Sommer auf deutlich mehr Gästenächtigungen als im Winter. Der Überhang ist zuletzt aber stark geschmolzen, der Sommer liegt in der Nächtigungsstatistik nur mehr knapp voran. "Bald wird es 50:50 stehen und der Winter eindeutig die stärkere Saison sein", schätzt Peter Zellmann vom Ludwig Boltzmann Institut für Freizeit- und Tourismusforschung. Im Sommer müsse man sich auf noch mehr Konkurrenz durch "Sonnenländer" einstellen. Im Winter könne Österreich mit jungem Image punkten. Das gelingt vor allem in den neuen EU-Staaten und in Russland. "In den Viersternehotels, etwa in Bad Kleinkirchheim, findet man immer weniger Deutsche oder Österreicher, aber viele neue Kunden aus Polen, Tschechien, der Slowakei", sagt Wolfgang Eder, Initiator des World Winter Forums.

Wirtschaftsforscher gehen davon aus, dass die Bedeutung des Tourismus in einer Gesellschaft mit mehr und mehr Freizeit weiter zunimmt. Bereits jetzt ist der Tourismus eine der tragenden Säulen der österreichischen Volkswirtschaft. Laut Wirtschaftsforschungsinstituts trägt die Branche direkt oder indirekt mit gut neun Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Inklusive Freizeitwirtschaft kommt man auf 17 Prozent.

Gewaltiges Potenzial

Um das gewaltige Potenzial zu heben, das in Österreich insbesondere im Winter da ist, sei es notwendig, rasch auf sich ändernde Gewohnheiten zu reagieren. Tourismusforscher Zellmann: "Das Problem ist, dass die Veränderungen schleichend passieren und mit freiem Auge fast nicht sichtbar sind. Auch wenn die Veränderung nur klein ist, pro Jahr vielleicht zwei Prozent, sind es nach zehn Jahren aufsummiert zwanzig Prozent."

Ein Trend, der sich fortsetze, sei das gestiegene Kostenbewusstsein der Urlauber. "Die Gäste werden noch stärker als bisher auf das Preis-Leistungs-Verhältnis schauen, zumal Preisvergleiche nicht zuletzt dank Internet immer leichter werden und das Produktangebot weiter steigt", sagte Zellmann. Anders als im Sommer sei es im Winter nahezu zwecklos, mit Rabatten leere Betten füllen zu wollen. "Der Winter ist stark witterungsabhängig. Man entscheidet sich kurzfristiger, und gibt es wenig Schnee und ist das Wetter schlecht ist, entscheiden man sich für eines der Sonnenziele", sagt Zellmann. "Da hilft auch kein Rabatt."

Trend zu mehr Kurzurlauben

Insgesamt urlauben die Gäste kürzer, dafür häufiger. Im Winter geht man nicht mehr eine Woche auf Urlaub, sondern nur mehr drei bis fünf Tage am Stück. Darauf hätten viele Hoteliers, die ihre Gäste am liebsten noch immer klassisch am Samstag wechseln lassen möchten, noch keine richtige Antwort gefunden.

Bei den gängigen Wintersportarten wie Skifahren, Snowboarden oder Langlaufen sieht Zellmann keine großen Verschiebungen mehr. Snowboarden habe seinen Höhepunkt mit einem Anteil von 15 bis 20 Prozent an der Klientel erreicht. Bei der Generation 50 plus gebe es ein Potenzial von etwa 30 Prozent, die ihre traditionellen Skier noch durch Carver ersetzen könnten.

Frage der Inszenierung

Dennoch könnte das Potenzial im Winter besser genutzt werden. Zellmann: "Man sollte auf eine Kombination der Sportarten hinarbeiten: zwei Tage Carving, dann Snowboarden, Langlaufen oder Schneeschuhwandern, wenn das Wetter anderes nicht zulässt." Das müsse aber inszeniert werden, erfordere Beratung, Betreuung und einen Verleih von Sportgeräten direkt am Pisten- oder Loipenrand. So könnten sich österreichische Tourismusorte und Beherbergungsbetriebe ein wenig von der starken Wetterabhängigkeit befreien. Das wird umso wichtiger, wenn aufgrund von Klimaveränderungen nicht mehr überall mit sicherer Schneelage gerechnet werden darf. Eine Problemstellung, mit der man sich beim World Winter Forum ebenfalls befassen wird. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.10.2005)