Die kleinste burgenländische Gemeinde Tschanigraben sorgt zu Wahlzeiten immer wieder für Schlagzeilen. Einerseits ist die Gemeinde mit überschaubaren 80 Einwohnern regelmäßig die erste im Burgenland, von der Wahlergebnisse vorliegen. Zweitens kann die SPÖ in Tschanigraben immer wieder Rekordwerte einfahren. derStandard.at fragte den Bürgermeister der kleinen Gemeinde im Bezirk Güssing, wie er denn die Stimmung für die kommenden Wahlen einschätzt.

derStandard.at: Tschanigraben ist österreichweit bekannt ist für das Wahlverhalten seiner Bevölkerung, so erringt die SPÖ zumeist Ergebnisse über 70 Prozent. Wie ist die Stimmung vor den Landtagswahlen. Sind die Tschanigrabener weiter mit Herrn Niessl zufrieden?

Simitz: Ich glaube schon, dass die Tschanigrabener auch diesmal zu einem überwiegenden Teil für Landeshauptmann Niessl stimmen werden. Wenn nicht wirklich alle Stricke reißen wird das Ergebnis ähnlich dem vor vier Jahren. Meiner Meinung nach haben auch "Skandale" wie der Bank Burgenland-Skandal daran nichts geändert. Die Leute wollen dieses Thema aus der Welt haben. In Tschanigraben wird das Thema nicht wahlbeeinflussend sein.

derStandard.at: Welche Themen sind wahlbeeinflussend, worüber ärgern sich die Tschanigrabener?

Simitz: Über die Art der ÖVP-Wahlwerbung gibt es bei uns einige Verstimmung. Die letzten Plakate der ÖVP gegen "Bonzen" oder "Gegen Kapitalismus" wollen ja der SPÖ Kommunismus unterstellen. Das ist eine Art des schmutzigen Wahlkampfes, der viele in Tschanigraben nervt.

derStandard.at: Wurden diese Plakate in Tschanigraben auch beschmiert?

Simitz: Sowas passiert bei uns nicht. Außerdem hängt bei uns nur ein einziges Wahlplakat bei der Ortseinfahrt, das ist eines der SPÖ. Andere Gruppen haben in Tschanigraben keine Wahlwerbung versucht, eigentlich traurig.

derStandard.at: Bei den letzten Landtagswahlen hat die FPÖ zwei Stimmen dazu gewinnen können. Insgesamt wählten vier Tschanigrabener die FPÖ. In einer derart kleinen und roten Gemeinde haben Sie sicher eine Vermutung, wer die "abtrünnigen" Wähler sind. Wie geht es diesen vier Wählern. Werden sie auch nach der Spaltung der FPÖ ihre Stimme geben?

Simitz: Das ist schwer abzuschätzen. Aber nach vielen Diskussionen und Gesprächen in meiner Gemeinde behaupte ich, dass die FPÖ in Tschanigraben weiter ihre Stimmen bekommt. Natürlich hat die Spaltung auf Bundesebene dem Image der Partei geschadet. Aber die burgenländische FPÖ wird doch als eigenständig empfunden.

derStandard.at: Sind die Tschanigrabener engagierte politische Diskutanten?

Simitz: Das kann man durchaus sagen. Wir haben zwar in Tschanigraben selbst kein Gasthaus, aber in der Nachbargemeinde diskutieren die Tschanigrabener gerne "am Stammtisch". Heutzutage sind die Leute ja auch sehr gut informiert, eine Unmenge an Informationen wird an die Haushalte geschickt, die Medien berichten umfassend.

derStandard.at: Sehen Sie diesmal irgendwelche Chancen für die Grünen, die ja bisher immer leer ausgingen?

Simitz: Ich habe einen Verdacht und es könnte tatsächlich eine Stimme geben. Stammgrüne haben wir zwar nie gehabt, aber von der politischen Einstellung her könnte eine Person ihr Kreuz tatsächlich für die Grünen machen. Das ist natürlich nur eine Vermutung.

derStandard.at: Hat Herr Steindl von den Tschanigrabenern etwas zu erwarten? Schließlich konnte die ÖVP bei den letzten Landtagswahlen die Zustimmung von fünf auf sieben Stimmen erhöhen.

Simitz: Ich rechne durchaus mit einem Zugewinn für die ÖVP. Im Frühjahr hat es einen offiziellen Ortsbesuch von Herrn Steindl gegeben, vielleicht konnte er damals einige WählerInnen von seinem Programm überzeugen. Als Politker hofft man ja immer, dass man einige Leute "umdreht". Ich empfinde eine politisch abwechslungsreichere Landschaft als durchaus positiv. Vor allem, wenn man solche Ergebnisse wie bei uns zu verzeichnen hat, sind ein paar "Andersfärbige" erfrischend.

derStandard.at: Ist die Siegesfeier der SPÖ schon vorbereitet?

Simitz: Eine Siegesfeier wird es bei uns nicht geben. In aller Stille wird vielleicht ein Gläschen getrunken. Um elf sperren wir das Wahlbüro zu, eine halbe Stunde später sind die Stimmen ausgezählt und dann geht jeder nach Hause zum Mittagessen. Bis jetzt hat sich auch niemand von den Medien gerührt, die oft gerne nach Tschanigraben kommen, weil wir ja immer das erste Ergebnis haben. (mhe)