Ein Duo für vier Wände auf Vox: Enie van de Meiklokjes und Mark Kühler in "Wohnen nach Wunsch".

Foto: Vox/Stefan Menne
Das deutsche Privatfernsehen hat das gemeingefährliche Prinzip der Heimsuchung in sein wohnkulturelles Gegenteil verkehrt.

Wenn ab nun Spezialtrupps von RTL oder Vox beim wohnbaugeförderten Einfamilienhaus klingeln, so geloben sie den darob bass erstaunten Bewohnern, alsbald Gutes zu tun. Sie schaffen "Wohlfühloasen". Sie klempnern und drillbohren und sägen. Sie pinseln mit samtweichen Rollen Farbtöne auf Wände, die an menschliche Entzündungsherde denken lassen.

Tele-Invasoren

Die neuen Tele-Invasoren kämpfen - mit schmutzbefleckten Einrichtungsgegenständen und versifften Armaturen. Sie sperren die Ureinwohnerschaft temporär aus ("Die werden aber Augen machen!") und legen Laminatböden auf natürliche Ausbreitungsflächen der gemeinen Haus-und Staubmilbe. Jeder Wohnungswinkel muss "zum Wohlfühlen einladen". Keine noch so windschiefe Wand, die nicht einen "Blickfänger" verträgt.

Wohnungsbaulicher Marshallplan

Egal, ob man nun "Wohnen nach Wunsch", die Potemkin'sche Bastelversion mit Ikea-Studentenflair, vorzieht oder doch "Einsatz in vier Wänden - Spezial" wählt, die Großshow mit dem umstürzlerischen Effekt eines wohnungsbaulichen Marshallplans: Über die Wüste Deutschland breitet sich ein ganzes Netz von Wohlfühloasen aus. Licht, lernen wir, hat immer "indirekt" zu sein. Dann wirkt nämlich alles größer. Weinflaschenhälse ragen aus perforierten Wänden, und über selbst schließenden Klosettdeckeln prangen Krakentapeten in Zinnoberrot. Warum schläft ATV+? (poh/DER STANDARD, Printausgabe, 7.10.2005)