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Familienunternehmen bleiben in Krisensituationen schneller auf der Strecke.

Foto: APA/dpa/Weihrauch
Wien - Familienunternehmen wachsen in halbwegs guten Zeiten dynamischer und können ihren Wert stärker erhöhen als solche, die sich am Börsenparkett tummeln. Beginnt es zu kriseln, bleiben sie jedoch auch schneller auf der Strecke. Zu diesem Schluss kommt Unternehmenssanierer und -berater Anton Stumpf, Chef der international tätigten Elias-Gruppe, im Gespräch mit dem STANDARD. Nach aktuellen Berechnungen konnten die 50 wichtigsten Privatunternehmen Europas im Vorjahr ihren Umsatz im Schnitt um elf Prozent steigern, die 50 Konzerne im Dow-Jones-Euro-Stoxx-Index wuchsen mit 4,5 Prozent nicht einmal halb so stark.

Im Fall der Krise

Das Bild ändert sich freilich rasch mit dem Einsetzen von Krisensituationen, "auf die Familienunternehmen zu langsam, also oft erst im letzten Stadium der Liquiditätskrise reagieren", konstatiert Stumpf. Bis dahin sind schon viele Problembereiche zusammengekommen. Als die weit reichendsten nennt Stumpf dabei: Das "Schönreden" der Situation, indem aufgrund der starken Bindung gegenüber der Vorgeneration, der Familie und gegenüber langjährigen Mitarbeitern nicht ist, was nicht sein darf. Zu oft geht auch der reale Blick auf Kennziffern durch fehlende – oder durch starke Chefpräsenz in ihrer Entscheidungsmacht eingeengte – Kontrollorgane verloren.

Ablehnung neuer Formen

Weitere Probleme seien die Ablehnung neuer Finanzierungsformen oder das "Versteckspielen" mit der Bank, ein zu langes Hinausschieben von Kooperationen mit Kapitalpartnern sowie eine tief sitzende "Beratungsresistenz". Die Chefs von langjährig tätigen Familienbetrieben wollen sich "nicht gerne in die Karten schauen lassen" bzw. wären am liebsten "Chirurgen, die sich selbst operieren", resümiert Beratungsprofi Stumpf.

Angst vor Imageverlust

In der Folge werden oft ungeeignete Finanzierungsmodelle aufgrund fehlender, neutraler Analysen als Auffangnetz versucht. Ein Beispiel: Um die Firma halten zu können, greift die Unternehmerfamilie durchaus tief in die eigene Tasche; da dies aber oft ohne gleichzeitige Entschärfung der Problemfelder (Neupositionierung am Markt, Änderung der Produktausrichtung) geschieht, verpufft der finanzielle Nachschuss. In Österreich schaffen es 30 Prozent der Familienbetriebe in die zweite Generation, bei nur zehn Prozent sitzt auch noch der Enkel des Gründers auf dem Chefsessel. Obwohl diese Familienbetriebe ihren Mitarbeitern zumeist außergewöhnlich loyal gegenüber sind, meint Stumpf, "es wäre manchmal besser, mit 80 Prozent der Belegschaft eine Firmenzukunft zu haben, als mit hundert Prozent unterzugehen". (Monika Bachhofer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7.10.2005)