Wien - Bei der Zuwanderung werde auch im kommenden Jahr "ein Schwerpunkt" auf gut ausgebildete Schlüsselkräfte und den Familiennachzug gelegt. So steht es in den Erläuterungen zur derzeit in Begutachtung befindlichen Niederlassungsverordnung 2006, doch für Grünen-Menschenrechtssprecherin Terezija Stoisits sind das nichts als schöne Worte.

In Wahrheit - so Stoisits - verberge sich hinter dem dürren Zahlenwerk die Absicht, die Zuwandererquote "durch die Hintertür" um sage und schreibe 2500 Plätze zu verknappen. Erstmals nämlich würden in den Quotenvorschlag (2006 sollen insgesamt 7000 Menschen zuwandern dürfen, um 500 weniger als 2005) auch 2000 Personen eingerechnet, die bereits in einem anderen EU-Staat eine Aufenthaltsbewilligung besitzen - und dennoch den Wunsch hegen, nach Österreich zu übersiedeln.

Die Notwendigkeit, diese neue Kategorie potenzieller Einwanderer rechtlich zu berücksichtigen, ergibt sich aus einer neuen EU-Richtlinie über "Mobilitätssachverhalte". Nirgendwo jedoch - so die Kritiker - stehe, dass dies in Quotenform zu geschehen habe, und dann auch noch als Bestandteil einer ohnehin leicht gekürzten Quote. Stoisits: "Die Praxis wird stark auf das Konto der Familienzusammenführungen gehen, deren erlaubte Höchstzahl ohnehin knapp bemessen ist". Innenministerin Liese Prokop (ÖVP) entpuppe sich als "Exekutorin von Familienfeindlichkeit".

Als "christlichsoziale Politikerin" habe die Ministerin vielmehr "das Wohl der Familien im Auge - sofern dies den Arbeitsmarkt nicht überlastet", kommt hier Widerspruch aus Prokops Büro. Johann Bezderka, Leiter der ministeriellen Abteilung für Aufenthaltswesen, rät zudem, die Entwicklung der Dinge bis Jahresmitte 2006 abzuwarten: "Nach meinem Ermessen wird es zu keinen Staus bei der Familienzusammenführung kommen". Indiz dafür: "Die diesbezügliche Warteliste hat sich von 11.000 Anträgen im Jahr 2001 auf 875 Anträgen im Jahr 2005 verkürzt". (DER STANDARD, Pritnausgabe, 5.10.2005)