Ein Vorhang als "Limes" zwischen Bar und Restaurant von Franz Haslauer.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Franz Haslauer (links) mit Restaurantleiter Mikulits und Koch Pusch.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wie ein Lokal zu sein hat, damit es "stante pede" zum Treffpunkt der Wichtigen und Wohlbestallten Wiens wird, hat Franz Haslauer mit der "Cantinetta Antinori" und dem "Novelli" eindrucksvoll gezeigt. Noch eine aufgezwirbelte Italo-Hütte aufzumachen, wäre da fast ein bisserl fad gewesen, noch dazu, wo sich das entsprechende Publikum am "Fabios" seines ehemaligen Restaurantchefs Giacobello noch nicht satt gegessen zu haben scheint. So sperrte Haslauer vergangene Woche am Hohen Markt eine ziemliche Halle von einem Restaurant auf, das "Limes" heißt, ab acht Uhr früh geöffnet hält und mit grünen Zitrusfrüchten trotz des Namens nichts am Hut hat.

Latein ist die Sprache, in der "Limes" für den Grenzwall zwischen römischem Imperium und germanischer Barbarei steht, der einst just da verlief, wo sich heute der Hohe Markt samt Anker-Versicherung befindet. Die Versicherung war an Haslauer herangetreten, weil man einen Betreiber für die Kantine suchte und sich ein zeitgemäßes Lokal im Hause wünschte.

Geworden ist es ein schick aufgemöbeltes Restaurant mit ausgesprochen metro- politaner Speisekarte, in dem zu Mittag 50 Plätze für die Anker-Belegschaft frei bleiben müssen. Dadurch wird es auch ziemlich günstige Tagesteller geben. Das Hauptaugenmerk liegt aber auf internationalen Klassikern, die einem in Wien bislang kaum wo vorgesetzt worden sind. Und das ist doch sehr erfreulich.

Zum Frühstück (wochenends bis 17.30 Uhr) kann man aus unzähligen Varianten wählen. Besonders erfreuliche Goodies: das extrafette türkische Joghurt, die Eggs Benedict (auch wenn die Muffins lockerer und der Schinkenbelag großzügiger sein könnten), der getoastete Bagel mit Cream Cheese und gebeiztem Lachs, der dank roter Zwiebel und Kapern endlich einmal richtig balanciert schmeckt. Am spannendsten aber sind die coolen Burger und Sandwiches, die ab Mittag serviert werden, allen voran der Deli-Klassiker "Reuben", eine ziemlich kranke Kombination (siehe Rezept), die zwischen Schwarzbrot gepackt und gegrillt wird - abenteuerlich und zutiefst befriedigend. Auch das Club Sandwich und der mächtige Steak Burger (Top-Fleisch!) machen Freude, alle haben gutes Eigenbau-Ketchup und Potato-Wedges an ihrer Seite. Was derweil noch fehlt, ist eine "Menage" mit den essenziellen Würzhilfen Senf, Tabasco, Steak Sauce - sonst wird einem der dickste Burger irgendwann fad.

Abends darf Küchenchef Raffael Pusch an die Fusion-Orgel, was beim knusprigen Saibling mit Safran-Muscheln und Kaviarpüree wirklich sehr gut funktioniert, dem Seeteufel mit - reichlich verspieltem - Zwetschkenrisotto und allzu großzügig vergossener Salsa Verde aber nicht bekommt. Dafür sind die traditionell geschmorten Schweinsbackerl mit glänzend reduziertem Fond schlicht hervorragend. Ob der suppige Erbsenrisotto dazu die beste Beilage ist, kann man bestreiten. Vergleichsweise zivile Preise.
(Severin Corti/Der Standard/rondo/30/09/2005)