Wien – "Das ist gefährlicher grober Unfug, der ersatzlos gestrichen gehört", zürnt Bernd-Christian Funk. Gemeinsam mit der Wiener Rechtsanwaltskammer (RAKW) empört sich der Verwaltungsrechtler am Dienstag bei einer Pressekonferenz über einen Passus im Fremdenpolizeigesetz, der Rechtsanwälte, die Asylwerbern helfen, ins Gefängnis bringen könnte. Zumindest aus Sicht der Anwälte, das Innenministerium dementiert naturgemäß heftig.

Aktueller Anlass: die Rechtsanwältin Nadja Lorenz vertritt eine 22-Jährige, die nach Nigeria abgeschoben werden soll. Die junge Mutter ist aber akut suizidgefährdet und stellt Ende Juli einen Antrag an die Wiener Fremdenpolizei, um nicht abgeschoben zu werden. Die Behörde will dem nicht statt geben, Juristin Lorenz verfasst eine Stellungnahme.

Im negativen Bescheid der Fremdenpolizei zum Antrag der Nigerianerin findet sich dann der Satz "Die ha. Behörde vertritt vielmehr die Ansicht, dass Ihr Rechtsanwalt und Sie versuchen durch Ihren Antrag Ihren illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verlängern."

Damit werde aber unterstellt, das Rechtsanwältin Lorenz durch den Einsatz für ihre Mandantin selbst etwas Illegales macht. Und damit nach dem neuen Paragrafen strafbar sein könnte, meint RAKW-Präsident Harald Bisanz. Bei der Ausarbeitung der Novelle sei vom Innenministerium noch beruhigt worden, "das legales Handeln nicht illegalisiert werden wird", sekundiert Rechtsanwalt Thomas Höhne.

Offenbar sollte jetzt mit solchen Bescheiden aber ausgelotet werden, wie weit man gehen könne, meint Höhne. In den Erläuterungen des Fremdenpolizeigesetzes sei zwar angeführt, das Rechtsanwälte vom Paragraf 115 ausgenommen sind – "aber warum steht das dann nicht gleich im Gesetz", wundert sich Verwaltungsrechtler Funk.

Johannes Rauch, Sprecher von Innenministerin Liese Prokop (VP) hält dagegen, dass der Nationalrat des Gesetz inklusive der Erläuterungen so beschlossen habe – mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und BZÖ. Kriminalisierung von Anwälten bringe die im Jänner in Kraft tretende Novelle nicht: "Rechtmäßiges Verhalten ist nie strafbar", betont Rauch. Auch Berufungen und andere Rechtsmittel würden nicht bestraft werden. (moe/DER STANDARD, Printausgabe, 28.9.20005)