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Hetchins: "Curly Stays" seit 1934.

bild: archiv
Man darf sich die britischen Rahmenbauer nicht als irrwitzig große Fabriken vorstellen, meist löteten ein paar Männer in einer kleinen Werkstatt die Rahmen, die jährlichen Produktionszahlen blieben dreistellig. Hetchins fertigte ähnlich, und die Nachfrage ist bis heute nicht abgerissen.

Noch immer werden die wunderbaren Rahmen gefertigt, in Stahl und mit den kunstvoll gefeilten Muffen, also abseits des Zeitgeistes und nur mehr für Fans – dafür nach den Vorgaben des Kunden, ein Rad nach dem anderen.

Hyman Hetchin verkaufte in den 20er Jahren eigentlich Grammophone, dann kamen die Räder dazu, und sie spielten sich langsam in den Vordergrund. Rahmenbauer Jack Danny wurde Teilhaber, das Patent für die Curly Stays kam 1934. Sie sollten die Stöße unebener Straßen abfangen und das Hinterrad am Boden halten, damit war höhere Geschwindigkeit versprochen.

Weitere Argumente für Hetchins Bikes: Die excellente Verarbeitung und die kunstvoll (man könnte auch sagen; kitschig) verschnörkelten Muffen, mit kunstvollen Verlängerungen, die den Rahmen an kritischen Stellen mehr Steifigkeit verleihen sollten.

Das Geschäft lief gut, bis um 1953 die Autos den Fahrrädern Anteile wegknabberten. Aber auch dann stand Hetchins gut im Futter, längst war die Fangemeinde (führend: amerikanische Biker) ausreichend groß, um Hetchins über die Jahre zu tragen.

Als Hyman Hetchin 1961 starb, übernahm sein Sohn Alf das Geschäft, gemeinsam mit Jack Danny arbeitete er bis weit übers Pensionsalter hinaus. 1989 kam David Miller, und er fertigt die wunderbaren Rahmen bis heute.

Topmodell ist noch immer das "Magnum Opus" mit den extrem verschnörkelten Muffen. Das abgebildete Hetchnins Italia markierte praktisch das andere Ende des Modellprogramms: Klare, schlichte Muffen nach italienischem Vorbild.

Das abgebildete Bike stammt aus dem Jahr 1962, trägt die damals sehr neue Campagnolo Record-Ausstattung, der britische Komponenten-Hersteller wenig entgegenzusetzen hatten. Aus Großbritannien kommen allerdings Lenker und Vorbau der Marke GB und natürlich der Brooks-Sattel. Typisch britisch sind auch die Drahtreifen auf einem Lightweight-Bike, nicht alle Rennradfahrer wählten die ganz schlanken Schlauchreifen.

Beim Fahren merkt man nicht viel von den Curly Stays, aber man spürt die feine Handwerkskunst, die in dem Rahmen steckt. Natürlich gibt’s wirkliche Glücksmomente auf diesen Rädern. Zum Beispiel, wenn bei einem historischen Radrennen ein Teilnehmer erklärt, das Hetchins mit den Curly Stays gefalle ihm außerordentlich gut, vor allem dienstlich. Er wäre nämlich Friseur von Beruf. (Dietrich P. Dahl, derStandard.at)