DJ Ötzi: "Geht's eich guad?" Der ORF erhofft sich von "Wir sind die Fans" hohe Quoten und Fortsetzungen.

Foto: ORF/Milenko Badzic

Doris Priesching

Ein Einziger sitzt im Publikum und hält sich die Ohren zu. Der Mann, er mag um die 75 sein, sitzt mit hängenden Schultern Mitte rechts. Wenn er sich nicht die Ohren zuhält, faltet er die Hände wie zum Gebet. Was ihn getrieben hat, hierher zu kommen, weiß nur er. Denn um ihn herum ist der Teufel los.

"Geht's eich guad?", schreit DJ Ötzi. Und, weil ihm die Antwort zu verhalten scheint, noch einmal mit Nachdruck: "Geht's eich guad?" Die Befragten erwidern: "Super!" Sie jubeln, trampeln, klatschen, dass "die Bude nur so raucht" (DJ Ötzi). Dabei läuft die Kamera noch gar nicht.

Bierzeltstimmung

Der ORF lud Mittwochabend zur Aufzeichnung der Show "Wir sind die Fans" (Ausstrahlungstermin: 15. Oktober). Peter Rapp und DJ Ötzi moderieren den freundschaftlichen Wettstreit um die treueren Fans von Nockalm Quintett und Klostertalern. Es herrscht Bierzeltstimmung, im ORF-Theater am Küniglberg wackeln die Wände.

"Schallalaa laalaa lalalaa!"

Der DJ ist gut drauf, das merkt man. Nicht wie letzte Woche, als er nach der ersten Aufzeichnung umkippte. Heute bleibt er standhaft in seiner Kanzel, einem silberverkleideten, umgebauten Kran und drückt die Knöpfe. Je nachdem ertönen Trompetenfanfare, "Hey Baby!" oder "Schallalaa laalaa lalalaa!". Das Publikum ruft: "Attacke!", "Uh! Ah!" oder "Hey! Hey!"

Zwei Shows geplant

Zwei Shows sind heuer geplant, weitere sollen folgen. Vorläufig treffen nur volkstümliche Bands aufeinander, doch Redaktionsleiterin Ursula Stiedl denkt bereits weiter: Sie träumt von Konfrontationen zwischen Christl Stürmer und Wolfgang Ambros. "Die Fans sind bereit", sagt sie.

"Hörversauung"

Jene Musik, die Ö1-Musikexperte Otto Brusatti jüngst mit "Hörversauung" charakterisierte, trifft den Massengeschmack. Nirgendwo sind die Plattenverkäufe höher, die Bierzelte voller, die Stimmung ausgelassener als beim volkstümlichen Schlager. Allein durch den Verkauf von Tonträgern setzt die Branche in Österreich schätzungsweise eine Milliarde Euro um. An dieser Euphorie beteiligt sich auch das Fernsehen: In rund 50 Sendungen pro Woche wird in Österreich und Deutschland geschunkelt und geklatscht. In ihrer Art seien die alle gleich, sagt Stiedl. Wir sind die Fans will davon profitieren – und doch anders sein.

"Attacke!"

Knapp eine Stunde dauert es dann auch, bis die erste Nummer angestimmt wird:

"Unter mir lag Agadir /
Vor mir lag die Zeit mit dir. /
La Isla Bonita."

Da schunkeln sogar die Männer am Mischpult mit. Das Publikum klatscht stehend und bedankt sich mit einem herzhaften "Attacke!".

Heile Welt

Dass einem die heile Welt vorgegaukelt wird, scheint kaum zu stören. Als Rapp einen Klostertaler mit einer zwar schicken, doch leider völlig funktionslosen Knopferlharmonika-Attrappe erwischt, kriegen das die meisten schon gar nicht mehr mit.

"Sendung für Menschen, die ORF-Gebühren zahlen"

Im Interview bekennen sich die Idole zur Show: "Endlich gibt es wieder eine Sendung für Menschen, die ORF-Gebühren zahlen", freut sich "Nocki" Friedl im roten Nadelstreif. "Programm für die ganze Familie", nennt das Stiedl – sie hofft auf mehr als 900.000 Zuschauer.

Fans werden auf "Fantauglichkeit" getestet

Die Fans werden auf ihre "Fantauglichkeit" getestet; dazu ist es nicht wichtig, Österreichs letzte Kaiserin benennen zu können ("Maria Theresia?"), über ihre Stars wissen sie Bescheid, geschickt sind sie auch: In einer Runde werden die Kandidaten an den Füßen aneinander gefesselt und stolpern um die Wette durch einen Parcours. Das Publikum lobt den Einsatz: "Attacke!"

Nach knapp zwei Stunden ist es überstanden, der Kameramann gähnt, der alte Herr wankt mit gesenktem Kopf Richtung Ausgang. Das restliche Publikum ist zufrieden: "Gemma auf an Schnaps?", sagt ein Fan zum andern. Zweifellos die beste Idee des Abends. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.9.2005)