Der Standard/Matthias Cremer
Sie backen große Brötchen. Sie versalzen ihren Konkurrenten die Suppe. Und sie sind absolute Herrscher in ihrem Reich, denn viele Köche verderben bekanntlich den Brei. Die Rede ist von Topmanagern - und aus der Gastronomie entlehnte Floskeln sind beileibe nicht (mehr) das Einzige, was Firmenbosse mit der kulinarischen Welt verbindet.

Vor einigen Jahren war's ja noch ganz harmlos: Damals musste, wer karrieremäßig auf sich hielt, "nur" wissen, dass der beste Wein zum Seeteufel ein Steenberg Sauvignon Blanc ist. Oder dass der zarteste Prosciutto aus einer winzigen Manufaktur bei Butrio kommt. Heute ist das anders: Da werden Manager auch daran gemessen, wie gut sie in der Küche ihren Mann stehen. Denn die dort gestellten Aufgaben sind ebenso vielfältig wie anspruchsvoll: Kreativität und Fantasie sind gefragt, logisches Denken und Gespür für Prioritäten, Flexibilität und Kommunikationsfähigkeit, aber auch Teamwork und Führungsqualitäten.



Ehrgeiz bei Optik "Topmanager erkennt man fast immer", weiß Starköchin Sohyi Kim von ihren zahlreichen Kochkursen für Firmen zu berichten. "Auch wenn diese Männer zu Hause nie einen Kochlöffel anrühren, bewegen sie sich in der Küche erstaunlich sicher, gehen die Aufgabe - anhand eines Rezeptes ein unbekanntes Gericht zu kochen - organisiert an und präsentieren oft ein optisch perfektes Menü. An der Optik erkennt man den Ehrgeiz." Dass solche Persönlichkeiten auf völlig neuem Gebiet schneller und logischer agieren als die meisten anderen Kursteilnehmer, erkläre ihren Erfolg. Ebenso wie die Stärken mancher Neo-Köche fallen natürlich auch allfällige Schwächen auf - und manche Firmen engagieren eigens Controller, deren Aufgabe es ist, die Mitarbeiter des Auftraggebers während eines Kochseminars zu beobachten und anschließend eine Analyse über Verhalten und Workflow zu erstellen. Denn selbst wenn zu Beginn des Kurses noch die firmenübliche Hierarchie herrscht ("Meier, putzen Sie mal das Gemüse!"), sollte sich im Idealfall doch rasch ein harmonisches Miteinander entwickeln, in dem überraschende Erkenntnisse ("Wer hätte gedacht, dass der Müller so locker sein kann?") neue Weichen für die zukünftige Zusammenarbeit stellen. "Weil man Gemeinsamkeiten entdeckt und Missverständnisse ausräumen kann", empfiehlt Holger Lärl, Vertriebsleiter KMU von Tele2UTA, Kochseminare für Company-Events. Doch auch das Verhältnis nach außen will gepflegt sein: "Als Bindungsprogramm sind solche Seminare sehr effektiv, weil man in einer lockeren Atmosphäre mit dem Kunden ungezwungen kommunizieren kann ", ist Lärl überzeugt. Die Auswahl an Kochkursen für Manager ist mittlerweile beträchtlich, und es bleibt der jeweiligen Vorliebe überlassen, bei Promi-Köchen oder weniger berühmten Küchenkünstlern wie Thomas Hüttl zu buchen. Der "Eventkoch" ist oft flexibler als die renommierten Restaurantchefs. Er kocht bevorzugt in fremden Küchen: "Am liebsten halte ich diese Kurse vor Ort in der Firmenküche. Oder bei Winzern wie Heinrich Hartl, der auf Wunsch auch gleich Weinbegleitung und eine Kellertour anbietet." (Der Standard, Printausgabe 30./31.7.2005)