Wien - Im März 2004 hat der bewährte 24-Stunden-Frauennotruf sein Angebot um ein Chat-Forum erweitert. Seither gibt es jeden Montag Abend einen Beratungschat für Frauen und Mädchen, die physische oder psychische Gewalt erlitten haben. "Dieses Hilfsinstrument hat sich inzwischen sehr bewährt", erklärt Frauenstadträtin Sonja Wehsely: "Nach Gewalterfahrungen leiden Frauen und Mädchen sehr oft unter Angst, Schuld- und Schamgefühlen. Vielen Frauen fällt es sehr schwer, über das Erlebte zu reden. Für sie bieten wir den Chat - ein sehr niedrigschwelliges Angebot, das oft als Einstieg in die Beratung dient. Da hat man Zeit, wird zu nichts gedrängt und kann ganz anonym bleiben."

Anfragen fast verdoppelt

Die Statistik zeigt, wie rege das neue Angebot genutzt wird: "In rund 15 Monaten wurden über 200 Chatbesuche und über 100 Einzelberatungen verzeichnet - Tendenz steigend", berichtet Dr. Karin Spacek, die Leiterin des 24-Stunden-Frauennotrufs.

Eine Steigerung bemerken die Beraterinnen auch bei E-Mail-Anfragen. Die Anfragen haben sich im ersten Halbjahr 2005 gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. So nahmen im Jahr 2004 rund 105 Ratsuchende Kontakt per Mail auf. Von Jänner bis Juni 2005 waren es bereits 80 Anfragen.

Virtuelle Begleitung

Während der Öffnungszeiten des Chats ist immer eine Mitarbeiterin des Frauennotrufteams "anwesend". Sie begleitet die Teilnehmerinnen, hilft bei der Bedienung des Chats und unterstützt bei Fragen und Problemen. Bei Bedarf kann in einem geschlossenen "Raum" ein vertrauliches Einzelgespräch mit einer Juristin, einer Psychologin oder Sozialarbeiterin geführt werden.

Die Einzelberatungen im Chat dauern oft bis zu einer Stunde. Für die Betroffenen geht es meist darum, "ihre belastenden Gefühle und Ängste nach einer erlittenen Gewalttat loszuwerden", so Spacek. Die Beraterinnen sind einfach da, "hören" zu, bieten psychologische Hilfe, informieren über rechtliche Möglichkeiten und helfen mit konkreten Tipps weiter.

Vorteil der Online-Kommunikation

"Wenn ein Anruf eingeht und dann nur Schluchzen oder Schweigen zu hören ist, wissen wir, dass die Betroffene der Mut verlassen hat. Dann versuchen wir, sie zu motivieren, uns über einen anderen Weg - im Chat oder per Mail - zu erzählen was sie belastet", beschreibt eine Beraterin. Auch im Chat-Forum werde immer wieder "geschwiegen", aber für die Betroffene sei es leichter, diese Zeit auszuhalten. Denn der am Telefon bestehende Druck, gleich etwas sagen zu müssen, fehlt. "Das ist ein großer Vorteil", so Spacek. "Oft 'hören' Chatterinnen eine Zeit lang einfach nur den anderen zu und fassen dann den Mut, doch etwas zu sagen." Bei akuten Krisen raten die Beraterinnen jedoch gleich zum Telefon zu greifen, um sofort Hilfe zu bekommen. (red)