Die Iceland Dance Company unter Erna Ómarsdóttir und Emil Hrvatin mit ihrem beißenden Stück "We Are All Marlene Dietrich FOR" und die Performanceband Poni mit einem flockig rockigen "Project One".
Redaktion
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In We Are All Marlene Dietrich FOR der Iceland Dance Company geht es ans Eingemachte. Die isländische Choreografin Erna Ómarsdóttir und der slowenische Theatermacher Emil Hrvatin haben sich das Thema "Unterhaltung für Krieger" vorgenommen. Sie sagen: Wo es Soldaten gibt, dort grassiert der Machtmissbrauch. Auch bei den Blauhelmen der Vereinten Nationen. Der "Blaue Engel" tritt allerdings gar nicht erst in Erscheinung. Die Dietrich ist ersetzt durch ein höllisches Spektakel, in dem zehn junge Tänzer, Schauspieler und Musiker alle traute Truppenseligkeit, jeglichen Kameradenkitsch und die ganze Unmoral des Kämpfens sarkastisch bombardieren. John Lennons Gassenhauer Imagine wird weitergedichtet, Soldaten jubeln von einem Videoscreen, drei Gören röhren einen Punk-Song. Die Phänomene Prostitution und Psychoterror sind in zynische Showpersiflagen verpackt.
Erna Ómarsdóttir gehört zur jüngsten Generation aufstrebender europäischer Choreografinnen. Als Tänzerin ist sie bei Thomas Plischke und dann bei Jan Fabre bekannt geworden. Hrvatin, der Herausgeber der Theoriezeitschrift Maska in Ljubljana, bietet viel intellektuelles und dramaturgisches Rüstzeug auf, die Brüsseler Band Poni liefert großkalibrige Soundmunition. Ómarsdóttir und Hrvatin fundieren ihr Stück mit einem schlüssigen künstlerischen Plan und klarer Analyse.
Punkige Bakterien
Ómarsdóttir ist auch Mitglied dieser sehr speziellen Punk-Band namens Poni. Diese belgische Gruppe befindet sich gerade mit der performancehaftesten Punkband-Performance unter allen, mit Project One, auf Bacterial Tour. Darin dekonstruiert sie die Erscheinung einer "Punk Band" und das Format eines Konzerts in Installation, Tanz, Lyrics und Video, schält Charakteristika und Klischees aus dem Stereotyp Bühnenshow und generiert gewitzt ein trancehaftes Spiel mit den Knochen der Kunst.
Schmelzende Eisgitarren, markerschütternde Sounds, auslaufende Milch, zerfetzte Telefonbücher, schemenhafte Monitorbilder, Sängerinnen am Rande des Singbaren, Musiker jenseits des Spielbaren. Unter den stimmungsinfektiösen Sound-Performern dieser Show befinden sich Poni-Leader Frank Pay sowie die stimmgewaltige Tänzerin Kate Macintosh. (DER STANDARD, Printausgabe, 26.07.2005)
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