Hätte es noch eines Beweises für die Existenz des berühmten Pawlow'schen Reflexes bedurft, die Steirer erbringen ihn gerade eindrucksvoll. Kaum wurde bekannt, dass sich der Verbund an der Energie Steiermark AG (Estag) beteiligen will, fließt auch schon der grün-weiße Speichel.

Dabei gibt es für provinzielles Antiausverkaufsgeschrei gar keinen Grund - außer, dass Landtagswahlkampf ist. Denn weder soll die Estag an böse Ausländer verscherbelt werden, noch wird in der Steiermark das Licht abgedreht.

Im Gegenteil. Indem die mehrheitlich im Bundesbesitz befindliche Verbundgesellschaft bei der Estag die französische Electricité de France (EdF) auskauft, würde sogar ein Stück Grüner Mark zurückgekauft und die - grundlos skandalisierte Estag - deutlich gestärkt. Die Freude des französischen Atomstromgiganten am Winzling ist ohnehin eine enden wollende.

Auch unter dem Strich überwiegen die Vorteile: Die auf ungustiöse (weil auf Remonopolisierung zulasten der Kunden abgestellte) österreichische Stromlösungen eingeschworenen Politiker zum Beispiel könnten endlich eine echte saubere "Ösl" präsentieren. Außerdem hätte der billige Verbundstrom ein deutlich größeres Absatzgebiet. Denn derzeit muss der Verbund seinen aus Wasserkraft gewonnen Strom exportieren, weil die Landesversorger (Atomstrom-)Importe bevorzugen.

Ganz nebenbei würde durch diesen Zusammenschluss endlich auch der unselige Strom-Ostblock von EVN, Wienstrom, Energie AG Oberösterreich, Linz AG und Bewag "geerdet". Der sollte neben den Stromkunden ohnehin nur den Bund und damit die Steuerzahler schädigen, weil der Verbund im Vertrieb geknebelt und über die Dividenden der Landesenergieversorger ein Finanzausgleich zugunsten der Länder gesichert würde. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.7.2005)