Wer will und kann eine Sexkolumne schreiben? Sie sollte mit den Worten beginnen: "Ich als männlicher Sexkolumnist ...", darf nicht mehr als 2300 Anschläge sowie die Worte "Baumarkt" und "Linguistik" enthalten.
Grafik: Der Standard
Meine sehr verehrten Herren, auf dem letzten Jahrestreffen der Sexkolumnistinnen in den schottischen Highlands erhob sich die Frage: Warum gibt es keine männlichen Sexkolumnisten? Ist das nicht ein Skandal? Dabei fällt mir Lüpperts Salzburger Mozartstatue ein, dem wurde ja ein weiblicher Körper untergeschoben, ein nicht sehr appetitlicher, wo doch jedes Kind weiß, dass Frauen überhaupt nicht komponieren können, noch nicht einmal schlecht. Ich finde das einen Skandal, aber wenn man die 500.000 anschaut, die der Künstler dafür bekommt, sieht man ja, dass die Auftraggeber einen Skandal bestellt haben, denn für diese Summe will man ja nicht nur ein Kunstwerk geliefert bekommen, sondern auch einen Mehrwert, sonst schreibt ja keiner was.

Aber weil ja nichts leichter durchschaut wird als ein bestellter Skandal, ist die Aufregung auch nicht wirklich groß, und der Mehrwert hält sich in Grenzen. Ich hätte das wie immer ganz anders angepackt und hätte arbeitslose Agit-Prop-Künstler aus Transnistrien und Grosny geholt und ein Ensemble bestellt wie "Bürger von Calais": Unten am Boden liegt ein ausgemergelter, verhungerter Mozart, um ihn herum fette Bürger auf noch fetteren Geldsäcken, die auf seinen Rippen trommeln und auf seiner Flöte pfeifen.

Den fettesten Geldsack hätten die mit im Ensemble abgebildeten Agit-Prop-Künstler gehabt, und alles hätte so ein bisschen Lenin-Touch, das wär doch mal was in Salzburg. Und in hundert Jahren findet man raus, dass es sich nicht um Mozart handelt, sondern um Schostakowitsch, und dann hat man wieder mehr Mehrwert. Aber mich hat ja keiner gefragt, und das ist vermutlich auch besser so.

Auf dem Sexkolumnistinnen-Jahrestreffen war es jedenfalls ganz toll, alle hatten neue Kostümchen und neue Montblanc-Füllerchen, und die iPpods waren voll von schönen Kolümnchen, gelesen von Brandauer und Otto Sander. Aber, wir haben es nicht nur als schmerzhaft empfunden, dass kein Mann schreibt (eine Kollegin meinte, die pudern einfach und machen sich weiter keinen Kopf), sondern wir haben auch gleich ein Kartell gegründet und wollen mehr Ferien.

Das heißt: Ich will im August eine Woche ausspannen, und deshalb bitte ich zum Wettbewerb: Wer will und kann eine Sexkolumne schreiben? Sie sollte mit den Worten beginnen: "Ich als männlicher Sexkolumnist ...", darf nicht mehr als 2300 Anschläge sowie die Worte "Baumarkt" und "Linguistik" enthalten. (Das ist Ihre Chance, Dr. P.) Lust aufs Mitmachen?

Dem Gewinner winkt ein Abdruck hier und eine Flasche Witwe Clicquot, die Jury besteht aus RONDO-Chefin B. Stimeder, mir und Frau Jelinek, die ich an dieser Stelle herzlich bitte, uns zu helfen. Einsendeschluss ist Montag, 8. August, und ich würde mich total über 55 zufällige Kolumnen freuen!
Ihre Cosima Reif, Zufallskolumnistin (DER STANDARD, Print-Ausgabe, Rondo, 22.7. 2005)