Salzburg - Spätestens mit der Eröffnung der Festspiele kommenden Sonntag durch Bundespräsident Heinz Fischer wird Salzburg wieder zu einem der Hotspots des öffentlichen Interesses. Hunderte Journalisten, Kameraleute und Fotografen werden Berichte und Bilder von 183 Aufführungen an 39 Spieltagen in alle Welt tragen. Dem kulturellen Programm eines der weltweit wichtigsten Festivals ist freilich nur ein Teil der Aufmerksamkeit gewidmet: Paparazzi sonder Zahl werden Jagd auf Politiker, Blaublütige und den Geldadel machen. Schließlich will die Regenbogenpresse mit inhaltsschwangeren Neuigkeiten von diversen Partys und Bildern eleganter Damen in Festspielroben versorgt werden.

Wer es wissen will, der erfährt, ob Ernst August von Hannover - in Begleitung von Gattin Caroline von Monaco - tatsächlich trocken ist, wie es um das Privatleben von Altkanzler Helmut Kohl bestellt ist, wo der deutsche Bundespräsident Horst Köhler residiert und ob das neue Styling von CDU-Frontfrau Angela Merkel in den besseren Kreisen ankommt. Während die Kameras draußen vor der Tür warten, wird im Österreichischen Hof, im Mönchstein und im Goldenen Hirschen gespeist. Die dazugehörenden Namen: Aga Kahn, Thomas Gottschalk oder David Coulthard. Rennfahrer Coulthard weilt übrigens auf Einladung von Getränkehersteller Didi Mateschitz in Salzburg. Er durfte bereits diesen Mittwoch am Fußballplatz den 4:0-Untergang von Mattersburg gegen Red Bull Salzburg miterleben. Während Coulthard quasi Festspiel-Novize ist, gehören andere - etwa Manni Sayn-Wittgenstein, Eliette von Karajan, Sacher-Chefin Elisabeth Gürtler und natürlich Präsidentin Helga Rabl-Stadler - längst zur Grundausstattung.

Natürlich wird es auch diesmal nicht ohne den üblichen Aufreger abgehen. Diesen könnte Museumsdirektorin und Society-Lady Agnes Husslein beisteuern. Nachdem nicht zuletzt auf Initiative von Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SP) die Festspieleröffnung heuer ohne hochkarätigen Eröffnungsredner vonstatten gehen wird, lädt Husslein für Montagabend - zeitgleich zur "Jedermann"-Premiere mit Nina Hoss als Buhlschaft - ins Museum der Moderne zu einer Art Gegeneröffnung auf den Mönchsberg. Als Redner hat Husslein den Schriftsteller Robert Menasse engagiert.

Dieser hat bereits im Vorfeld gegenüber einer Illustrierten Dampf abgelassen: Mit der Absage der Eröffnungsrede habe Burgstaller dem bedeutendsten kulturellen Ereignis in ihrem Bundesland "intellektuelle Abstinenz" verordnet. Für Menasse gehört die Landeshauptfrau zu jenen Regierenden, die "weltfremd werden und verdummen".

Hat der Festspiel-Tross dann Ende August die Landeshauptstadt wieder verlassen und trifft man im Café Bazar wieder auf Einheimische, bleibt alles in allem eines über: Der Rummel mag zwar manchen Salzburger granteln lassen, soll aber gut fürs Geschäft sein. Laut einer Wirtschaftskammer-Studie aus dem Jahr 2002 bringt das Festival einen gesamtwirtschaftlichen "Umsatz- beziehungsweise Produktionseffekt" von rund 170 Millionen Euro.

Dem gegenüber stehen Subventionen der öffentlichen Hand in der Höhe von 11,5 Millionen Euro. So gesehen kann Finanzminister Karl-Heinz Grasser seinen Aufenthalt im Hotel Blaue Gans sowohl privat als auch in offizieller Funktion genießen. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.7.2005)