Wien – Anhand von Mr. & Mrs. Smith lässt sich feststellen, dass Kampagnenstart für ein Filmgroßprojekt heutzutage gar nicht früh genug sein kann. Und was eignete sich besser als der leibhaftige Star, um den entsprechenden Propagandakarren zu ziehen?
Längst hat die einst übliche, hübsch arrangierte Homestory zum Behufe der Promotion ausgedient. Privatleben im Dauerlicht der Medien ist doch die schönste Gratiswerbung. Hat nicht soeben ein in Liebe entfesselter Tom Cruise seine neue Flamme Katie Holmes einmal um den halben Globus gebusselt und damit der Krieg der Welten-PR einen unschätzbaren Feelgood-Faktor beschert?
Allerweltsfunken
Jetzt kommt also dieser Film in die Kinos, wo es bei den Dreharbeiten zwischen den beiden Hauptdarstellern angeblich derart heftig funkte, dass darob höchstwahrscheinlich die Vorzeigeehe eines Beteiligten in die Brüche ging.
Seither – also bereits seit fast einem Jahr – wird ernsthaft darüber spekuliert, ob Brad Pitt und Angelina Jolie nun tatsächlich auch "off screen" ein neues Hollywood-Traumpaar sind. Und seither ist auch der dazugehörige Film mit dem Allerweltstitel – Budget: rund 100 Millionen Dollar – in aller Munde.
Verschleißerscheinungen
Ehe ist in diesem Zusammenhang natürlich ein wirklich gutes Stichwort: "Berufskiller in der Eheberatung" heißt die Ergänzung zum Filmtitel im deutschsprachigen Raum. Bei dieser begegnen wir Mr. und Mrs. Smith, deren gesetzlich legitimierte Lebensgemeinschaft nach fünf oder sechs Jahren Verschleißerscheinungen zeigt. Wie man vom Kinositz aus unschwer diagnostizieren kann, fehlt es in dieser Beziehung vor allem an Aufrichtigkeit:
Während Herr Schmid morgens nämlich offiziell gen Immobilienfirma aufbricht und Frau Schmid gen Bankenviertel, gehen beide in Wahrheit ein und derselben, ungleich suspekteren Tätigkeit nach. Im Auftrag konkurrierender Agenturen werden sie zwecks Eliminierung unliebsamer Zeitgenossen angeheuert. Weil der Teufel nicht schläft, geraten sie einander dabei eines Tages in die Quere. Und haben plötzlich ein richtiges Problem.
Demontage eines Lifestyle
Nun hat der Film zweifellos seine Momente. Und zwar immer dann, wenn er mit brachialer Lust die Demontage eines Lifestyle zelebriert. Also genau zweimal, wenn Smith und Smith zunächst als erbitterte Kontrahenten, dann als entschlossene Verbündete gegen der Rest der Welt erst ihr Eigenheim und dann einen ganzen Möbelmarkt zerdeppern. Dies tun sie so, dass es eine wahre Freude ist.
Ein echter Befreiungsschlag von all der zur Schau gestellten, lähmenden Perfektion (diese Körper! diese Outfits! dieser Wandverbau!). Irgendwann will auch ein Yuppie nicht mehr können.
Prizzis Engel
Davon abgesehen haben Regisseur Doug Liman (Swingers, The Bourne Identity) und Drehbuchautor Simon Kinberg (xXx 2: State of The Union) aus Versatzstücken von Lara Croft, Charlie's Angels und vor allem Prizzi's Honour allerdings eher lieblos eine handelsübliche Actionkomödie gezimmert: Nebenfiguren kommen und gehen völlig unvermittelt; Mrs. Smith tarnt sich natürlich als dominantes Edelcallgirl, das auf die Befehle eines "Daddy" hört; ein kaum beschäftigter Vince Vaughn gibt dafür als Pitt-Buddy den Muttersohn; bloß an Sonnenbrillen und an Autos wurde nicht gespart.
Was aber alles insofern egal ist, als offensichtlich bereits beherzte Spurensucher in Scharen die Lichtspielhäuser stürmen, um dort mit eigenen Augen herauszufinden, wo die Werbung endet und die Wahrheit beginnt. Aus dieser Perspektive betrachtet, sind Story und Dramaturgie, Tempo und Spannung selbstverständlich vernachlässigbare Faktoren.
Dreharbeiten
Andererseits: Auch der Umstand, dass einander die frisch von Tom Cruise getrennte Penélope Cruz und der fesche Matthew McConaughey bei den Dreharbeiten von Sahara kennen und angeblich lieben lernten, hat nicht verhindert, dass dieser Film eher floppte. Kampagnisieren will gelernt sein. Das richtige Casting scheint auch hier zu entscheiden. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.7.2005)