Der Standard: Welche Rolle spielt der Breakdance im HipHop?

Birgit Richard: Er ist eine von vier gleichwertigen Disziplinen. Auch wenn er weniger sichtbar ist als Rap, DJing oder das Sprayen. Die Zeiten, als etwa MTV Breakdance-Battles übertragen hat, sind schon länger vorbei.

Der Standard: Warum ist Breakdance heute in einer eigenen Szene beheimatet?

Richard: Heute gibt es spezielle Veranstaltungen wie die Jams oder die Battles of the Year in Deutschland. Nichteingeweihte bekommen diese Szene allerdings kaum mit. In den Achtzigern war das anders: Der Film "Wild Style" zelebrierte die Disziplinen des HipHop. Die aggressive Auseinandersetzung zwischen den Gangs wird hier in Form eines Wettkampfs ausgetragen. Der zweite maßgebliche Breakdance-Film war "Beat Street".

Der Standard: Warum dieser Rückzug der B-Boys aus der Öffentlichkeit?

Richard: Zum einen sind die Räume aus der Stadt verschwunden. Vielfach ist es nicht mehr zugelassen, dass die Jungs einfach ihre Ghettoblaster hinstellen und auf der Straße performen. Zum anderen wurde Breakdance durch die Battles schlichtweg institutionalisiert.

Der Standard: Warum gibt es in dieser Szene kaum Mädchen?

Richard: HipHop ist insgesamt eine männlich orientierte Jugendkultur.

Der Standard: Trotzdem gibt es Missy Elliott.

Richard: Es ist die absolute Ausnahme, dass eine Frau die Produktionsmittel in der Hand hält. Natürlich gibt es die eine oder andere Rapperin, im Bereich des Breakdance wüsste ich aus dem Stegreif allerdings keine Frau zu benennen.

Der Standard: Welche Parallelen ziehen Sie als Jugendkulturforscherin zwischen Breakdance und anderen Jugendkulturen?

Richard: Spannend ist die Mischung aus kollektivem Wissen, wie Breakdance funktioniert, und der individuellen Aneignung von Stilen. Das ist etwas, das in der einen oder anderen Form viele Jugendkulturen auszeichnet. (hil, DER STANDARD, rondo, 22.7.2005)