Bild nicht mehr verfügbar.

Der republikanische Jurist John Roberts soll nach dem Willen von US-Präsident George W. Bush neuer Richter am Obersten Gerichtshof der USA werden.

EPA/Shawn Thew
Washington - Der republikanische Jurist John Roberts soll nach dem Willen von US-Präsident George W. Bush neuer Richter am Obersten Gerichtshof der USA werden. Bush gab am Dienstagabend in Roberts' Beisein in Washington seine Entscheidung bekannt. Der Berufungsrichter habe sich sein ganzes Berufsleben der Sache der Gerechtigkeit gewidmet, erklärte Bush am Dienstagabend in einer Fernsehansprache.

Der 50-Jährige sei "einer der angesehensten Juristen in Amerika", sagte Bush. "Sein Intellekt, seine durchdachten Urteile und sein Anstand werden bewundert." Die Ernennung eines Richters am Supreme Court gehöre zu den folgenreichsten Entscheidungen, die ein US-Präsident zu treffen habe, sagte Bush. Ein Kandidat müsse "eine Person von hervorragender Eignung und höchster Integrität sein", und die Verfassung getreu umsetzen. In John Roberts habe er eine solche Person gefunden.

"Schwergewicht der Republikaner"

Roberts bedankte sich für das Vertrauen. Er war als Anwalt mehrmals vor dem Obersten Gericht aufgetreten. "Ich hatte jedes Mal einen Kloß im Hals, als ich die Stufen raufging", sagte er. Roberts gilt als "Schwergewicht der Republikaner", wie die "Washington Post" schrieb, wird aber weithin respektiert.

Die Nominierung Roberts als Nachfolger für die in den Ruhestand tretende Verfassungsrichterin Sandra Day O'Connor dürfte aber bei einigen Demokraten auf Widerstand stoßen. O'Connor hatte mit ihrer Stimme in dem neun Richter umfassenden Obersten Gerichtshof gerade in strittigen Fragen wie der Abtreibung oder der Todesstrafe oft den Ausschlag gegeben.

Demokraten: "Angemessene juristische Eignung"

Die Personalentscheidung muss noch vom Senat bestätigt werden, in dem die Republikaner die Mehrheit haben. Der Chef der Demokraten im Senat, Harry Reid, bescheinigte Roberts in einer ersten Reaktion "angemessene juristische Eignung". Es müsse aber erst noch überprüft werden, ob er in der Vergangenheit das notwendige Bekenntnis zu den amerikanischen Werten von Freiheit, Gleichheit und Fairness gezeigt habe.

Es ist das erste Mal in seiner mittlerweile viereinhalbjährigen Amtszeit, dass Bush ein neues Mitglied für den Obersten Gerichtshof nominieren kann. Die 75-jährige O'Connor, das erste weibliche Mitglied des Richterkollegiums, hatte am 1. Juli ihren Rücktritt angekündigt.

Roberts war vor zwei Jahren von Bush ans Berufungsgericht geschickt worden. Von 1989 bis 1993 arbeitete der Harvard-Absolvent als juristischer Berater in der Mannschaft von Bushs Vater, dem damaligen Präsidenten George Bush. Zuvor hatte er bereits Präsident Ronald Reagan in Rechtsfragen beraten. Er gilt als entschiedener Republikaner, wird aber nicht zum konservativen Flügel gezählt. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Bei seiner Nominierung zum Bundesberufungsgericht in Washington vor zwei Jahren empfahlen Rechtsvertreter beider Parteien in einem gemeinsamen Brief seine Bestätigung. Bisher hatte keine der Entscheidungen des Washingtoner Berufungsgerichts unter seiner Leitung eine Polemik ausgelöst. In der vergangenen Woche hatte sein Gericht zuletzt Schlagzeilen gemacht, als es die Sonder-Militärtribunale für Gefangene des Lagers Guantánamo für rechtmäßig erklärte. Liberale Gruppen wie die "Alliance for Justice" fürchten außerdem, dass Roberts sich für eine Abschaffung der Abtreibung stark machen würde.

Der neue Richter soll nach den Plänen des Weißen Hauses im Oktober sein Amt antreten. In dem neunköpfigen Richtergremium könnte demnächst eine weitere Stellen zu besetzen sein. Der Vorsitzende Richter William Rehnquist (80) ist schwer krank. Über seinen bevorstehenden Rücktritt wird bereits seit Wochen spekuliert. (APA/AP/dpa)