Licht soll werden in den Vorwürfen der Wahlmanipulation, die seit Wochen die Philippinen politisch lähmen und die Staatspräsidentin nun in die Ecke gedrängt haben. Gloria Macapagal-Arroyo will durch eine "Wahrheitskommission" den Unmut des Volkes besänftigen und den angriffslustigen Senatoren den Wind aus den Segeln nehmen. Doch was soll diese Kommission noch herausfinden? Der "Hello Garci"-Tonmitschnitt eines Telefongesprächs, das die Präsidentin im Mai 2004 mit einem ihr bekannten Wahlkommissionsleiter führte, existiert. Arroyo bestreitet, Druck ausgeübt zu haben, räumte aber ein, dass ihr da wohl ein "Fehlurteil" unterlaufen sei; sie habe sich damals während der langen Auszählung der Wahlzettel bei der Präsidentenwahl eben Sorgen um ihre Stimmen gemacht.

Arroyo weiß noch die zwei Machtbastionen der Philippinen hinter sich - die Armee und die katholische Kirche, deren Bischöfe auch auf die Idee mit der "Wahrheitskommission" gekommen waren. Doch die "Wahrheit" auf den Philippinen geht weit über das Telefonat der Präsidentin hinaus: Das politische System auf dem Archipel mit seinen 84 Millionen Einwohnern funktioniert nicht.

Fast 20 Jahre nach dem vom Volk erzwungenen Rücktritt des Diktators Ferdinand Marcos ist die Demokratie noch nicht ihren Kinderschuhen entwachsen. Nach außen läuft sie wie eine Seifenoper ab mit alternden Kinohelden, die Präsidenten werden wollen, und Politikern, die tränenreich ihr Eheleben ausbreiten; nach innen regieren kühl die Familienclans aus der spanisch- amerikanischen Kolonialzeit, die Wahl um Wahl ihre Dynastien fortschreiben. Keine Wahrheitskommission und kein Impeachment werden neue Politiker hervorbringen, allenfalls mehr Bewusstsein für Ernsthaftigkeit. Das wäre immerhin ein Anfang. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.7.2005)