London/Wien - Der britische Inlandsgeheimdienst MI5 hat im Vorjahr gegen einen der Attentäter von London ermittelt, ihn aber nicht als Gefahr für die nationale Sicherheit erachtet. Daher wurde der Hilfslehrer Mohammed Sidique Khan (30) nicht überwacht, bis er sich am vergangenen 7. Juli in der Londoner U-Bahn in die Luft sprengte, berichtete "The Times" in der Nacht auf Sonntag in ihrer Internet-Ausgabe.

Khan war ins Visier des MI5 geraten, als dessen Mitarbeiter nach der Aufdeckung eines angeblichen Plans für einen Bombenanschlag nach Mitverschwörern suchten. Die Verdächtigen hatten laut "Times" beabsichtigt, einen mit Sprengstoff beladenen Lkw vor einem gutbesuchten Nachtklub im Londoner Stadtteil Soho in die Luft zu sprengen. Khan hatte MI5-Erkenntnissen zufolge das Haus eines Mannes besucht, der Kontakt zu den Planern dieses nicht ausgeführten Anschlags gehabt haben soll. Die Ermittler erachteten den Hilfslehrer aber nur als "Randfigur" und interessierten sich nicht weiter für ihn.

Bekannter

Zwei US-Geheimdienstagenten behaupteten am Freitag, Khan sei dem Terrorhelfer Mohammed Junaid Babar bekannt gewesen, der im Juni 2004 gestanden hatte, Material an das Terrornetzwerk Al-Kaida (al-Qaeda) geliefert zu haben. Babar hatte zudem zugegeben, in Afghanistan ein Trainingslager für islamistische Terroristen aufgebaut zu haben. Weiters sei er nach eigenen Angaben an der Ausarbeitung von Plänen für Anschläge auf Bars, Restaurants und Bahnhöfe in Großbritannien beteiligt gewesen. Babar habe am vergangenen Donnerstag Khan auf einem Foto als einen Mann identifiziert, den er in Pakistan getroffen habe, so die US-Agenten.

Am Wochenende richteten amerikanische Geheimdienstmitarbeiter einen weiteren Vorwurf an ihre britischen Kollegen. So soll der gebürtige Jamaikaner Germaine Lindsay (19), der ebenfalls eine Bombe in der Londoner U-Bahn gezündet hatte, auf einer "Watchlist" für Terroristen gestanden sein. Der MI5 habe es aber verabsäumt, ihn zu überwachen. In Lindsays rotem Fiat hatte die Polizei nach den Anschlägen neun weitere Bomben entdeckt. Er soll vom FBI überwacht worden sein, als er vor vier Jahren die USA besuchte.

Ein Vertreter des britischen Innenministeriums meinte dazu, möglicherweise hätten die Amerikaner Lindsay mit jemanden ähnlichen Namens verwechselt. "Sie müsse das falsche Ende des Stocks erwischt haben. Aber wir werden der Sache nachgehen", so der Beamte. (APA)