New Yorker Zootiere unterwegs in den Dschungel:

Foto: UIP

In "Madagskar", dem neuesten Animationsfilm der "Shrek"-Macher, ist die Wildnis auch schon künstlich.

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Wien - New Yorker sind üblicherweise überzeugte New Yorker. Anders das Zebra Marty, Schaustück des dortigen Zoos, das - mit seinen zehn Jahren am Buckel - Anzeichen einer Midlife-Crisis zeigt: Weil es noch nie außerhalb seines Geheges war, sehnt es sich nach der Wildnis, von der es als Großstadttier freilich nur eine sehr romantische Vorstellung hat. Inspiriert von einer Gruppe ausbruchshungriger Pinguine unternimmt es einen nächtlichen Ausritt, der Löwe Alex, die Giraffe Melman und das Flusspferd Gloria versuchen es aufzuhalten, und ehe sie sich versehen, finden sich alle auf einem Dampfer gen Afrika wieder.

Madagaskar ist der jüngste computeranimierte Zeichentrickfilm aus dem Hause DreamWorks, das seine größten Erfolge auf diesem Gebiet mit den beiden Abenteuer von Shrek verbuchen konnte. War das Reich des grünen Ogers in vieler Hinsicht dem Schema klassischer Disney-Produktionen entgegengesetzt - mit einer stark körperbetonten Komik wurde eine Art Anti-Märchenwelt geschaffen -, sind die tierischen Helden aus dem Zoo nun mehr nach realen Vorbildern entworfen:

Alex, der Löwe (im Original von Ben Stiller gesprochen), ist ein ebenso eitler wie ängstlicher Geselle, während das Zebra Marty (Chris Rock) den dauerquatschenden Nervtöter gibt - zwei urbane Typen, die aus einem Buddy-Movie stammen könnten. Die beiden Regisseure Eric Darnell Tom McGrath setzen den ersten Teil des Films so auch im hermetischen Bereich des Zoos an. Die Figuren werden als multikulturelles Ensemble präsentiert, der Schwerpunkt liegt auf Charakterzeichnung und Dialogen, und der Witz oft darin, dass sich die Tiere gar nicht mehr als Tiere sehen. Anthropomorph war anders.

Touristisches Paradies

Mit der Ankunft in Madagaskar, wohin es die Bande zufällig verschlägt, erwartet man den Gegenentwurf zum zivilisierten Dasein. Dass dieser ausbleibt, ist der schönste Einfall des Films: Die Wildnis in Madagaskar ist bereits kulturalisiert: Optisch an den exotischen Bildern von Henri Rousseaus orientiert, wird der Dschungel von einer an Massentouristen erinnernden Horde von Lemuren bewohnt, die zu I Like to Move It wild auf Raves herumshaken - und den Besuchern damit die Show stehlen.

Dennoch ruft die Insel gerade im Löwen Alex, dem passioniertesten New Yorker, verborgene Instinkte wach. Sein Konflikt zwischen Natur und Kultur bleibt allerdings ein wenig zu zögerlich. Das Raubtier im Großstädter wird nur ansatzweise ersichtlich. Für die vier Fremden genügt es jedoch, um zu erfahren, dass es wahre Freiheit nicht gibt. Auch nicht am Ende der Nahrungskette. (DER STANDARD, Printausgabe vom 16./17.7.2005)