Grandmaster Flash & The Furious Five: "The Message"

Foto: Cargo Records

Viele große Popsongs zeichnen sich durch eine aufs Wesentliche reduzierte Kernbotschaft aus. Bei "The Message" ist es gerade umgekehrt: Der Rapklassiker enthält so viele Informationen, dass man ihn problemlos zur Grundlage eines Bildungsromans machen könnte. Der Rapper Melle Mel erzählt drei archetypische Lebenswege junger Afroamerikaner: sich resignierend ins Schicksal als armer Schlucker zu fügen, sich nach oben zu kämpfen oder der Armut mit kriminellen Mitteln zu entfliehen.

Vieles von Melle Mels Erzählung könnte genauso bei Charles Dickens oder Alfred Döblin stehen. Neben zeitloser Wahrheit enthält "The Message" aber auch eine Passage, von der die Elendsschriftsteller noch nichts wissen konnten: die negativen Folgen des Fernsehens. Mutter hängt ständig vor der Glotze. Während sich der Erzähler darüber ärgert, deshalb keine Boxkämpfe anschauen zu können, erkennt sein Bruder die Gefahr: "She watches too much, it's not healthy", sagt er.

Seit Jahrzehnten werden die Folgen des TV-Konsums untersucht, die Worte aus dem Rapsong sind die Quintessenz dieser Forschungen: Zu viel Glotze ist ungesund. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.7.2005)