Erzeugen Spannung: Wolfgang Böck und Gerti Drassl in "Liliom".

Foto: Stefan Smith
Intendant Wolfgang Böck hat auch heuer wieder mit dem Kobersdorfer Himmel zu kämpfen, der seinen Liliom mit Dauerregen so vor sich hertreibt, wie der Nämliche das auf der Bühne mit seiner eigenen, durchs Schandmaul ins Publikum geschleuderten Rotznasigkeit tut. Wenn's einmal nicht regnet, dann üben Wolfgang Böck und sein Ensemble an einem Experiment.

Das sagen sie selber, immerhin passt Franz Molnárs Sittenbild aus dem Budapester Stadtwäldchen nicht ganz an den burgenländischen Sommerkomödien-Standort. Die vom Landes-ORF pflichtgemäß verkündete "Begeisterung" des Premierenpublikums darf also vom STANDARD durch den Hinweis auf eine "leise Irritation" ergänzt werden, was dem Sinn der Sache freilich keinen Abbruch tut. Kobersdorf entfernt sich mithilfe Molnárs nur von der Schenkelklopferei. Liliom - Wolfgang Böcks reicher Kiebererfundus malt den Hutschenschleuderer recht bunt - ist ja kein wirklich lustiger Vogel. Im Grunde ist er eine recht erbärmliche Figur, gefangen in einem liliomzentrischen Weltbild, in das hin und wieder Weibspersonen eindringen. Die von Brigitte Swoboda hausmeisterlich in Szene gesetzte Ringelspü'b'sitzerin Muskát etwa, die Fräu'n Luise mit ziemlichen Eifersuchtsanfällen quält.

Liliom zieht's freilich zu Julie, welche Volkstheaterstar Gerti Drassl mit dem Titelhelden ebenbürtiger Bühnenpräsenz ausstattet. Gerade in der stillen Szene, als Liliom sich nach einem gescheiterten Raubüberfall das Leben nimmt, erreicht diese Spannung große Berührtheit. Ob Kobersdorf seine heuer geübte Repertoireerweiterung etablieren wird können, liegt jetzt an Wolfgang Böck und den Seinen. Zu wünschen wäre es ihnen. Und dem Burgenland auch. (wei/DER STANDARD, Printausgabe, 12.07.2005)