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Wien - "Man muss der EU eine Steuerhoheit geben, eine direkte Steuer-Einnahmequelle, die unabhängig von nationalen Regierungen ist", sagte Böhler-Uddeholm-General Claus Raidl, wirtschaftspolitischer Berater von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V), Montagnachmittag zur APA. Dass der Bundeskanzler diese Diskussion angestoßen habe, hält der Top-Manager für gut.

Der EU eine eigene Steuer-Einnahmequelle zu geben, würde die "Streiterei" zwischen den Mitgliedstaaten entschärfen, meinte Raidl mit Hinweis auf das "erbärmliche Gefeilsche" um die EU-Finanzen, das für die EU-Kommission "entwürdigend" sei. Dem Prinzip nach müsste die Union ähnlich wie in Österreich der Bund Steuern einheben können.

EU-Steuer im Gleichschritt

Der Einführung einer Steuer auf Kapitalströme im EU-Raum - wie von Schüssel angedacht - kann Raidl aber nur dann etwas abgewinnen, "wenn auch die Amerikaner und die Japaner das machen". Ein solcher Schritt dürfe nur im internationalen Gleichklang erfolgen, "damit für Europa kein Wettbewerbsnachteil entsteht", betonte der Böhler-General.

Der Bundeskanzler hatte gestern mit dem Vorschlag, Finanztransfers einer EU-Steuer zu unterziehen, aufhorchen lassen, diesen Vorschlag aber nicht näher konkretisiert.

Grundlegende Haushaltsreform

"Es kann nicht sein, dass jeder Euro, den wir für Brüssel benötigen, aus den nationalen Budgets herausgeschnitten wird", hatte der ÖVP-Chef im Interview mit der Hamburger "Bild am Sonntag" allgemein erklärt. "Wir brauchen eine grundlegende Haushaltsreform, die der EU eine eigene Geldquelle erschließt." Ohne eigene Geldquelle werde es in der EU zu einem beispiellosen Verteilungskampf kommen, warnte Schüssel.

Österreich übernimmt im ersten Halbjahr 2006 die EU-Ratspräsidentschaft und wird vermutlich die festgefahrenen Verhandlungen über das Budget 2007-2013 führen müssen. (APA)