Selbsterdachtes und -erlebtes ist allerdings meist wertvoller als Angelerntes. Ich traue keiner gerade bejubelten Managementlehre mehr und hege tiefe Skepsis gegenüber Gurus, die Patentrezepte propagieren. Nach 35 Berufsjahren hängt man weder dem Prinzip der totalen Dezentralisation, der reinen Lehre der Economies of Scale oder der zentralisierten Führungsorganisation an: Jede Medizin will zu ihrer Zeit und ganz individuell eingeträufelt sein. Vorzeigemanager strotzen vor Energie. Egoistische Energie in mannigfaltigen Verkleidungen ist die treibende Kraft, die unter anderem auch bei Enron, Parmalat, WorldCom oder Libro wirkte.
Was macht einen guten Manager aus? Seine Kräfte müssen sinnvoll kanalisiert werden. An oberster Stelle in der Wertehierarchie sollte, noch vor dem Wohl der Firma, das der Menschen stehen. Keinesfalls allein das Geld, sonst wird die Suppe teurer als das Fleisch. Moralische Werte bilden sich, bildlich gesprochen, nach ähnlichen Mechanismen heraus wie sie beim Abschleifen von spitzen Kieseln in einem Flussbett wirken: Die ursprünglichen Egoismen schleifen einander so lange ab, bis die Reibungsflächen minimal geworden und die einzelnen Teilnehmer am Spiel (den Regeln) ganz rund und glatt geworden sind.
Werte sind ordnende Ideen, die uns Orientierung geben (siehe Kategorischer Imperativ). Für die Praxis im Management lässt sich alles auf die guten "alten Tugenden" zurückführen: Menschlichkeit, Treue, Ehrlichkeit, Fleiß, Verlässlichkeit, Mut, Pünktlichkeit, Intuition, Sachkenntnis und Begeisterungsfähigkeit. In letzter Konsequenz ist die Aufgabe von Managern, Menschen verschiedener Ausbildung und Fähigkeit, Frauen und Männer, Kreative und Apparatschiks für ein gemeinsames Ziel zu gewinnen, ihnen bei der Erreichung dieses Ziels zu helfen, Mittel bereitzustellen und alle unerwarteten Klippen erfolgreich zu umschiffen.