Bei den Terroranschlägen in London wurde auch eine Österreicherin leicht verletzt. Die 27-jährige Kärntnerin war gerade in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit gewesen, als einer der Sprengsätze detonierte. Inzwischen sei die Frau aber wieder aus dem Spital entlassen worden, hieß es Freitag im Außenministerium. Hinweise auf weitere österreichische Betroffene gebe es nicht, nach Anrufen von besorgten Verwandten versuche man aber noch, mit einem Dutzend Österreicher in London Kontakt aufzunehmen.

Ein Österreicher, der sich derzeit ebenfalls beruflich in London aufhält, ist Thomas Havranek von der auf Risikoberatung spezialisierten Firma MIG Austria. "Wir wussten, dass es passieren wird - auch dass die U-Bahn betroffen sein würde. Nur der genaue Zeitpunkt war die Frage", sagte Havranek am Freitag zum STANDARD.

Im April gewarnt

Sein Unternehmen, eine Tochterfirma einer britischen Risikomanagement-Gruppe, für die auch Aussteiger aus Nachrichtendiensten arbeiten, habe bereits im April vor Anschlägen in London gewarnt. Dass nun eine Bombe auch einen Doppeldeckerbus zerfetzte, hält der Risikomanager für einen "Unfall". "Dieser Sprengsatz dürfte zu früh hoch gegangen sein", meinte Havranek, zu dessen Beratern auch der inzwischen pensionierte Antiterrorexperte des Innenministeriums, Robert Sturm, gehört.

In London werde mit Schuldzuweisungen sehr vorsichtig umgegangen, sagte Havranek: "Hier gibt es eine große islamische Gemeinde. Man ist tunlichst bemüht, die Terroristen nicht mit dieser Gemeinde in einen Topf zu werfen." Das Problem sei eigentlich immer dasselbe: Es gebe auf der einen Seite radikalislamistische Aktivisten, auf der anderen Seite die US-Falken - und dazwischen sehr viele Menschen, die eigentlich davon nichts wissen wollten.

Die Frage, ob er Klienten von einer Firmenniederlassung in London abraten würde, beantwortete Havranek mit Nein. Denn terroristische Anschläge seien überall möglich. Ein erhöhtes Gefährdungspotenzial sieht er derzeit in Italien, aber auch in Bulgarien. Man dürfe allerdings nicht vergessen, dass generell etwa 90 Prozent aller Attentate bereits im Vorfeld vereitelt werden können. (DER STANDARD, Printausgabe, 09./10.07.2005)